"Man war nicht ehrlich zu uns"

TRIER. Aus für Wichernhaus: Der evangelische Kindergarten an der Basilika wird am Ende des Kindergartenjahres geschlossen - aus finanziellen Gründen, sagt die Kirchengemeinde. Die betroffenen Eltern sind sauer.

Die Entscheidung des Presbyteriums kommt in dieser Form überraschend. Im Sommer hatte der zuständige Pfarrer Ulrich Dann den Eltern noch eine sanfte Schließung in Raten oder gar die Weiterführung als Optionen genannt. Anfang Oktober fanden die Elternvertreter nach eigenen Angaben eine an die Tür geheftete Einladung zu einer Versammlung, in der Dann schrieb: "So viel kann ich Ihnen mitteilen: Wir beabsichtigen, den Kindergarten Wichernhaus zu schließen". Am Freitag nun machte das Presbyterium Nägel mit Köpfen: Eine Komplett-Schließung soll zum Juli 2004 erfolgen. Die Entwicklung der Finanzlage lasse keine andere Wahl, sagt der Vorsitzende, Pfarrer Guido Hepke. Es gehe um eine "Prioritäten-Entscheidung": Nur so sei es möglich, "alle gemeindlichen Arbeitsgebiete aufrecht zu erhalten". Immerhin gebe es eine weitere evangelische Kindertagesstätte. "Sonst hätten wir die komplette Jugendarbeit schließen müssen", umreißt er die Alternative. Die betroffenen Eltern fühlen sich dagegen hinters Licht geführt. "Man war nicht ehrlich zu uns", sagt die Elternbeiratsvorsitzende Cynthia Nay. Noch im Sommer habe man bei Eltern-Nachfragen bezüglich der Zukunft der Tagesstätte auf die hohen Investitionen für den Ausbau des Außengeländes verwiesen. "Die haben immer gesagt, das würden wir doch nicht ausgeben, wenn wir schließen wollten", klagt Nay. Mütter wie Anne Jochem fühlen sich "einfach verarscht". Noch im Sommer habe das Wichernhaus neue Kinder aufgenommen, auch im begehrten Ganztags-Bereich. "Viele Eltern haben ihren Job auf das Angebot ausgerichtet", sagt Iris Hofmann-Kastner. Aussagen, wie es für die Betroffenen weiter gehen soll, gebe es nicht. Man wolle "bei der Suche nach individuellen Lösungen behilflich sein", sagt Guido Hepke. Sein Stellvertreter Georg-Friedrich Lütticken will das aber ausdrücklich "nicht als Garantie" verstanden wissen, man könne "höchstens bei Härtefällen" etwas tun. Das reicht den Eltern nicht. Sie vermuten ohnehin andere Beweggründe hinter der Entscheidung und verweisen auf einen Brief Pfarrer Danns an ein Eltern-Paar, in dem er als ersten Grund für die Schließungs-Überlegungen angegeben hatte, das Wichernhaus habe "in den letzten Jahren drei Leiterinnen verschlissen". "Die haben einfach keine Lust mehr, sich mit den engagierten Eltern herumzuschlagen", vermutet Lothar Breitmeier. Bitter wird es auf jeden Fall für das Personal. "Es wird zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen kommen", umschreibt Hepke diplomatisch den zu erwartenden Rausschmiss eines Teils der sechsköpfigen Belegschaft. Allerdings sei man "jederzeit bereit, die Räumlichkeiten einem anderen Träger zur Verfügung zu stellen". Im übrigen sei "die Stadt Trier qua Gesetz gehalten, das Angebot an Kindergartenplätzen zu sichern." Sozialdezernent Georg Bernarding hat am schwarzen Peter allerdings kein Interesse. Die Schließung sei "einzig und allein Sache der Kirchengemeinde", betont der Politiker. Man werde "prüfen, ob das Angebot an Ort und Stelle zwingend notwendig ist". Ansonsten tendiert die Stadt dazu, "die Kapazitäten durch Aufstocken in anderen Tagesstätten zu erweitern".

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