Mehr als bunte Buchstaben

Seit fast 20 Jahren arbeitet Laurent Steinmayer als professioneller Graffiti-Maler, gehört zu den bedeutendsten Künstlern seiner Szene. Trotzdem kämpft er noch immer gegen die alten Probleme: fehlende Akzeptanz in der Gesellschaft und schlechte Bezahlung.

 Der Trierer Graffiti-Künstler Laurent Steinmayer, hier beim Verzieren des Spielplatzes im Trierer Schammatdorf, kämpft noch immer gegen das Vorurteil des Fassaden-Beschmierers. TV-Foto: Christa Weber

Der Trierer Graffiti-Künstler Laurent Steinmayer, hier beim Verzieren des Spielplatzes im Trierer Schammatdorf, kämpft noch immer gegen das Vorurteil des Fassaden-Beschmierers. TV-Foto: Christa Weber

Trier. (cweb) Vor fast 20 Jahren in einer Pariser U-Bahn-Station hat Laurent Steinmayer zum ersten Mal ein Graffito gesehen. Damals hat ihn die Begeisterung für diese neuartige Kunstform gepackt und nie wieder losgelassen. "Es ist wie eine Krankheit", sagt Steinmayer. 1988 kam der gebürtige Franzose als Soldat nach Trier, weil ihm die Millionenstadt Paris "zu hektisch" wurde. "Ich wollte so weit weg wie möglich", erinnert sich der Sohn eines Pariser Arbeiters. In Trier lernte er seine spätere Ehefrau kennen und begann seine Karriere als Graffiti-Künstler.

"Für Europa war diese Kunst etwas ganz Neues", erklärt Steinmayer. Die Graffiti-Kunst basiert auf Buchstaben, kunstvoll gestaltet in Bildern, die den persönlichen Charakter des Malers widerspiegeln. Laurent Steinmayer hat im Laufe der Jahre seinen eigenen "Style" entwickelt: "Freundlich, aber trotzdem mit Ecken und Kanten." Da es für Graffiti-Maler keine Schulen gibt, hat sich Steinmayer seine Technik selbst beigebracht, sein Hobby schließlich zum Beruf gemacht.

Die meisten Aufträge erhält er von Privatleuten, verziert Kinderzimmer, Gärten oder Garagen. Seit 1990 hat er Kontakte zum Trierer Exhaus. Gemeinsam mit rund 20 befreundeten Künstlern aus Deutschland, Frankreich und Belgien gestaltet er dort einmal im Jahr die Parkplatz-Fassade neu.

Die Trierer Graffiti-Szene sei "zwar klein", aber "ihre Qualität ist sehr gut". Dennoch haben Graffiti "in der Gesellschaft noch immer keinen Platz", klagt der Künstler. Öffentliche Aufträge würden häufig "schlecht bezahlt", es gebe "zu wenig Ausstellungen". Die "Akzeptanz" fehle, die Leute seien "zu konservativ" im Umgang mit Graffiti. Dabei dürfe man die "echte Graffiti-Kunst nicht mit Schmierereien verwechseln". Besonders enttäuschend findet Steinmayer die Haltung der Exhaus-Mitarbeiter. Ateliers und Workshops würden stets mit dem Hinweis auf Geldmangel abgelehnt.

Reisen gehört zum Berufs-Alltag



An den ständigen Kampf ums Finanzielle und die künstlerische Anerkennung ist Steinmayer mittlerweile gewöhnt. "Es braucht viele Opfer, um Graffiti-Künstler zu sein", sagt er. Dazu gehört auch ständiges Reisen, denn "die Graffiti-Kultur bewegt sich sehr schnell". Seine Frau akzeptiere diesen Lebensstil, andere nicht. Dennoch hat er sich bewusst dafür entschieden: "Ich habe mein Leben ganz auf Graffiti eingestellt statt auf Geld und Karriere."Extra Graffiti auf Stromkästen: Auf Anregung der Trierer Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani hat Laurent Steinmayer im Juni im Auftrag der Stadtwerke drei Stromkästen und eine Gasregelstation im Stadtbereich mit seinen Graffiti-Arbeiten verziert. Für ihn eine längst überfällige Aktion. Viele Graffiti in Trier seien schon mehr als 20 Jahre alt. Die Stadt tue bisher noch "zu wenig" dagegen, findet der Künstler. "Sie handelt zu langsam, um diese Schmierereien zu verhindern." Wenn es um Graffiti gehe, spüre er bei der Stadt eine deutliche Zurückhaltung. Dabei gebe es von den Bürgern bisher nur positive Rückmeldungen: "Schöne Bilder stören die Leute nicht, im Gegenteil." Steinmayer hofft daher auf eine Fortsetzung des Projekts. Allein in der Innenstadt gebe es aus seiner Sicht dutzende Stromkästen, die eine neue Optik dringend nötig hätten. Damit die Kunstwerke auch erhalten blieben, gebe er eine Garantie: "Ich werde mich die nächsten sieben Jahre darum kümmern, dass keine neuen Schmierereien auftauchen." (cweb)

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