Mehr Bewohner, mehr Steuern: Schweich schöpft aus dem Vollen

Schweich · Dem Stadtrat Schweich fällt es nicht schwer, dem Haushaltsplan 2016 zuzustimmen. Dank der vielen Zuzüge - Schweich knackt die 8000-Einwohner-Marke - sprudeln die Steuereinnahmen wie nie zuvor. Dennoch soll im laufenden Jahr unter dem Strich mehr Geld ausgegeben als eingenommen werden.

Schweich. "Schweich hat ein Ausgabenproblem, kein Einnahmenproblem." Mit diesem Satz hat Stadtbürgermeister Lars Rieger am Donnerstagabend dem Stadtrat, der im Bürgerzentrum tagte, die Finanzsituation der Moselstadt beschrieben. Das Ausgabenproblem besteht einerseits darin, dass größere Projekte vor der Tür stehen. Etwa der Bau der Lebenshilfe-Kita (städtische Beteiligung 1,25 Millionen Euro) sowie das Sanitär- und Umkleidegebäude auf der Sportanlage am Schulzentrum (mögliche Kosten rund 700 000 Euro).
Andererseits besteht das "Ausgabenproblem" darin, dass die Stadt in der Vergangenheit viele Vorhaben zwar im Etat ausgewiesen, sie aber nicht umgesetzt hat. Sei es, weil Zuschüsse ausgeblieben sind oder städtische Gremien zu unentschlossen waren. Dass sie manchmal zu zaghaft agiert haben, geben Verwaltung und Fraktionen auch unumwunden zu. Doch sie geloben Besserung: "Ich habe den Ehrgeiz, die Projekte wie geplant umzusetzen", versprach Rieger. Er ist seit Mitte 2015 Stadtoberhaupt und hat seinen ersten Haushalt vorgelegt.
Auf der Einnahmenseite hat Schweich dank seiner Bevölkerungszunahme gute Karten. Etwa sechs Millionen Euro an Steuern und Abgaben wird die Stadt einstreichen, das sind etwa 600 000 Euro mehr als im Vorjahr. Gestiegen sind insbesondere die Grundsteuer B (für bebaute Grundstücke) und der Anteil an der Einkommenssteuer. Die Gewerbesteuereinnahmen liegen bei 1,7 Millionen Euro. Durch eine außerplanmäßige Tilgung sinkt der Schuldenstand von 4,35 Millionen Euro auf rund 4,1 Millionen Euro - das entspricht etwa 545 Euro pro Kopf. Die Stadt Schweich verfügt über Rücklagen in Höhe von 1,75 Millionen Euro.
Der Haushaltsplan, dem alle Fraktionen zustimmten, weist bei Ausgaben von 9,34 Millionen Euro und Einnahmen von 8,37 Millionen Euro ein Defizit von knapp einer Million Euro auf.
Wichtige Infrastrukturmaßnahmen sind laut Rieger unter anderem der barrierefreie Ausbau des Bahnhofs und die Durchfahrtmöglichkeit von der Ortsentlastungsstraße dorthin. Mit der Umsetzung des Verkehrskonzepts wolle man die Bernhard-Becker-Straße und die Stefan-Andres-Straße verkehrssicherer machen. Als Chance, Alt-Schweich "aus dem Dornröschenschlaf zu wecken" bezeichnete der Stadtbürgermeister das Programm Ländliche Zentren, in das Schweich zusammen mit Föhren aufgenommen wurde. Rieger erwartet eine positive Entwicklung in diesem Viertel dank der Investitionen von öffentlicher und privater Seite.
Unklar ist noch, wie hoch sich die Stadt an der Sanierung der Kita St. Martin in Alt-Schweich beteiligen wird. Man erwartet genauere Angaben des kirchlichen Trägers als Grundlage für Beratungen im Stadtrat. alf
Meinung

Tempogeber für die Politik
Die Stadt Schweich wächst in einem rasanten Tempo. Die vielen Zuzüge sind erfreulich, insbesondere in Zeiten, wo das Wort vom demografischen Wandel die Runde macht. Doch der Boom setzt auch die Stadtverantwortlichen unter Zugzwang, er gibt quasi der Politik den Takt vor. Sich zufrieden zurückzulehnen und den Status quo zu verwalten, das bedeutet Rückschritt. Was Schweich braucht, und das haben die Fraktionen erkannt, sind kluge Investitionen in die Zukunft und eine Strategie, wohin sich Schweich in 20 bis 30 Jahren entwickeln soll. Baustellen gibt es noch viele: der Zustand von Brücken- und Richtstraße beispielsweise, der fehlende Lärmschutz an der Autobahn, die Ausweisung von bezahlbarem Bauland, die Attraktivitätssteigerung des Moselvorlandes und nicht zuletzt das Jugendzentrum. Schweich ist zu Recht stolz auf seine 2000 Schulplätze. Aber Lernstätten alleine machen noch keine jugendfreundliche Stadt aus. Kinder und Jugendliche müssen sich auch abseits von Schule und Elternhaus frei und kreativ entfalten können. a.follmann@volksfreund.deExtra

CDU-Fraktionschef Nils Reh findet es erstaunlich, dass Schweich trotz der Million, die für Grundstückskäufe im Gemeindebedarfsgebiet ausgegeben wurden, seine Verschuldung gesenkt hat. Die Stadt sei gut aufgestellt, die Steuerkraft gestiegen. Um seine Chancen zu nutzen, müsse Schweich "weiter attraktiv bleiben". Reh: "Wir sollten zukünftig flexibler sein und nicht manche Entscheidung im Klein-Klein verhandeln." Auch FWG-Chef Johannes Lehnert ist mit dem Etat zufrieden: "Wir investieren in unsere Infrastruktur. Es ist gut, dass wir am Ball bleiben." Am Bahnhof ergebe sich die "einmalige Chance", ihn mit Fördermitteln von Bund und Land auszubauen. Dagegen schmeckt Lehnert nicht, dass Zuschüsse für Alt-Schweich über vier Jahre gestreckt werden und die Stadt in Vorleistung treten muss. SPD-Fraktionsvorsitzender Achim Schmitt fordert, "nicht alles Geld in die Entschuldung zu stecken". Es sei einzigartig, wie sich Schweich als Schul- und Kita-Stadt entwickelt habe. Das gehe aber nur mit entsprechenden Investitionen. Den geplanten Bau des Jugendzentrums bezeichnete er als "Herzensangelegenheit" seiner Fraktion. Hier sollte die Stadt auch notfalls ohne Beteiligung von VG und Kreis in Vorleistung gehen. alf

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