Mehr Markt ab März

Der Wochenmarkt auf dem Viehmarkt in Trier soll ab Frühjahr auf Samstage ausgeweitet werden. Neben "grüner Ware" soll es künftig auch Haushaltsartikel, Kunsthandwerk und mehr geben. Die rechtlichen Hürden scheinen beseitigt - oder nie bestanden zu haben.

 Dienstags, freitags und künftig auch samstags: Der Wochenmarkt auf dem Viehmarkt soll mit einem breiteren Angebot noch mehr Kunden locken. TV-Foto: Friedemann Vetter

Dienstags, freitags und künftig auch samstags: Der Wochenmarkt auf dem Viehmarkt soll mit einem breiteren Angebot noch mehr Kunden locken. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Seit mehr als einem Jahr ist zwischen Trier und Mainz unklar, wer denn nun entscheiden darf, welche Ware auf dem Trierer Wochenmarkt angeboten wird. Jetzt scheint die Angelegenheit geregelt: Voraussichtlich im März soll der neue Markt mit einem qualitätsvollen, ausgeweiteten Angebot mit Handwerker- und anderen Produkten starten. Alles gut, könnte man meinen. Doch ein Blick auf das Geschehen offenbart eine wahre Verwaltungsposse:

Dezember 2009: Start



Der Stadtrat beschließt, dass auf dem Viehmarkt künftig außer Gemüse, Obst und Produkten, die die Erzeuger selbst herstellen, auch Kunsthandwerk, Bücher, zubereitete Speisen, Kurzwaren und andere Dinge angeboten werden dürfen. Außerdem solle der Samstag als zusätzlicher Markttag in die Satzung aufgenommen werden. Der damals zuständige Dezernent Georg Bernarding (CDU) erklärt, dass der Ausweitung der Marktsatzung "rechtlich nichts entgegensteht".

April 2010: Prüfung



"Für die Erweiterung des Wochenmarktsortiments ist der Erlass einer Rechtsverordnung nach Paragraf 67, Absatz 2 der Gewerbeordnung erforderlich", erklärt das städtische Presseamt auf die TV-Anfrage, wann der neue Wochenmarkt denn endlich starte.

"Strittig ist derzeit die Frage, wer für den Erlass dieser Rechtsverordnung ermächtigt und somit zuständig ist", offenbart das Presseamt einen Einblick in den deutschen Behördendschungel. Das Mainzer Wirtschaftsministerium nimmt sich der Prüfung der Sachlage an.

Juni: Absage



Der Mainzer Wirtschaftsminister Hendrik Hering (SPD) erklärt dem neuen Trierer Wirtschaftsdezernenten Thomas Egger (FWG), dass das Land "kein praktisches Bedürfnis" für eine "Zuständigkeitsübertragung auf die Kommunen" in Sachen Wochenmarkt-Sortiment sehe. Zumal eine flächendeckende Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs auch ohne die Markt-Ausweitung sichergestellt sei. Über die Bevormundung aus Mainz regen sich Stadtrat und Bürger mächtig auf.

Juli: Wende



Minister Hering rudert zurück: "Die Diskussion in Trier war für mich ein Anlass, mir die Lage noch mal genau anzusehen", erklärt Hering im Gespräch mit dem TV. Und: "Wir werden die Zuständigkeit für die Wochenmärkte noch im Jahr 2010 per Rechtsverordnung auf die Kommunen übertragen."

August: Endspurt



Auch die Landesministerin Malu Dreyer (SPD) aus Trier klinkt sich ein: Beim Kollegen Wirtschaftsminister habe sie nachgefragt, wann die Rechtshoheit über den Trierer Wochenmarkt denn nun auf die Stadt übertragen werde, erklärte Dreyer per Pressemitteilung. Ergebnis: Noch im September werde die entsprechende Rechtsverordnung von der Landesregierung verabschiedet. Einer Sortimentsausweitung beim Trierer Wochenmarkt stehe dann nichts mehr im Wege.

Mittlerweile hat die Landesregierung durch eine Änderung des Strukturreformgesetzes die rheinlandpfälzischen Kommunen tatsächlich formell ermächtigt, selbstständig über das Warensortiment ihrer Wochenmärkte zu entscheiden.

Oktober: Nachspiel



Beendet ist die Verwaltungsposse indes nicht. "Trier hätte es auch vor Änderung der Rechtsverordnung längst freigestanden, das Warensortiment seines Marktes zu erweitern", erklärt Herings Pressesprecher Joachim Winkler auf TV-Anfrage. Es habe sich lediglich um eine juristische Definition gehandelt: Hätte Trier den Markt auf dem Viehmarkt nicht unter dem festen Begriff "Wochenmarkt" deklariert, sondern als sonstigen Markt, hätte die Stadt jederzeit auch eigenverantwortlich das Warensortiment ausweiten können. Denn nur für per Satzung definierte "Wochenmärkte" - auf denen traditionell Bauern und Selbstvermarkter ihre landwirtschaftlichen Produkte anbieten - lag die Rechtshoheit bisher in Mainz. Über alle anderen Märkte konnten die Kommunen schon immer selbst entscheiden.

Die Ansage aus Mainz verwundert Wirtschaftsdezernent Egger: "Fakt ist allerdings, dass durch die Änderung des Strukturreformgesetzes jetzt alles definitiv in trockenen Tüchern ist."

Für die nächste Ausschusssitzung am 3. November will der Dezernent eine Beschlussvorlage vorbereiten. "Mit einem kleinen Fest könnte der neue Wochenmarkt, der dann zusätzlich samstags und mit ausgeweitetem Sortiment stattfindet, eingeweiht werden", überlegt Egger.

Interessenten gebe es genug. Und das lange Verwaltungshickhack habe die Sache selbst nicht verzögert: "Die Marktbeschicker haben uns erklärt, dass sie ohnehin vier bis fünf Monate Vorlaufzeit benötigt hätten, um ihre Termine neu zu ordnen und neues Personal einzustellen, bevor sie auch samstags in Trier hätten präsent sein können."

Meinung

Chinesisch oder Suaheli?

Spräche man in Mainz chinesisch und in Trier Suaheli - es wäre der einzige Umstand, durch den diese Posse zu erklären wäre. Da in beiden Verwaltungen allerdings die gleiche Sprache gesprochen wird und eine Landesministerin aus Trier sich sogar als Vermittlerin eingeschaltet hatte, hätte diese Kommunikationspanne nicht passieren dürfen. Dass Mainz jetzt Trier den Schwarzen Peter in die Schuhe schieben will, geht nicht. Denn dass Trier nicht clever genug war, seinen Wochenmarkt umzutaufen, um so unsinnige Rechtsverordnungen zu umgehen, kann man dem Rathaus und dem neuen Wirtschaftsdezernenten, der offenbar noch nicht mit allen Verwaltungswassern gewaschen ist, nicht vorwerfen. Oder ist mittlerweile auch die Landesregierung der Meinung, dass Gesetzeslücken dazu da sind, sie auszunutzen? c.wolff@volksfreund.de

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