Mehr Selbstbestimmung für den Berufseinstieg

Menschen mit Behinderungen steht gesetzlich ein persönliches Budget zu, mit dem sie Leistungen "einkaufen" können. Recht neu ist der Einsatz eines solchen Budgets für einen Ausbildungsplatz. Ein Beispiel aus der Learn-Factory des Caritasverbands in Trier zeigt, wie damit individuelle Lösungen ermöglicht werden können.

 Im Ausbildungsladen „Einzigart“ der Caritas-Learn-Factory startet Florian in sein Berufsleben als Verkäufer. TV-Foto: Anke Emmerling

Im Ausbildungsladen „Einzigart“ der Caritas-Learn-Factory startet Florian in sein Berufsleben als Verkäufer. TV-Foto: Anke Emmerling

Trier. "Sie suchen ein Geschenk für ein Baby? Kommen Sie, ich zeige Ihnen eine Auswahl." Beflissen und freundlich berät Florian den Kunden zwischen den Auslagen des Ladens "Einzigart" nahe dem Kornmarkt. Der Laden, der Unikate junger Trierer Designer anbietet, ist Teil der Caritas-Learn-Factory. Wie Leiter Torsten Gärtner erklärt, werden hier junge Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen keinen Einstieg in den ersten Ausbildungs- oder Arbeitsmarkt gefunden haben, beruflich in kaufmännischen Bereichen qualifiziert und in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gefördert.

Der 23-jährige Florian lernt hier seinen Wunschberuf Verkäufer. Eineinhalb Jahre lang habe er vergeblich nach einem Ausbildungsplatz gesucht und nur Absagen bekommen, berichtet er: "Ich war in der Schule nicht gerade gut." Als Grund dafür stellte sich eine Lernbeeinträchtigung heraus, die Florian in die Zuständigkeit der Reha-Abteilung der Agentur für Arbeit in Trier brachte. Über sie hat er die Caritas-Einrichtung kennen- und nach Praktikum für sich als "das Richtige" schätzen gelernt.

Vor allem aber hat man ihn dort auf das aufmerksam gemacht, was ihm die Ausbildung erst ermöglichte: das persönliche Budget. Das ist eine monatliche Geldleistung, mit der Menschen, die von einer Behinderung betroffen oder bedroht sind, die für sie individuell notwendigen Hilfen oder Maßnahmen zur Teilhabe am beruflichen wie gesellschaftlichen Leben "einkaufen" können. Dazu gehören individuell abgestimmte Hilfen bei der Pflege, bei der Arbeit, von der Krankenkasse, oder für das Wohnen. Seit dem 1. Januar 2008 gibt es den Rechtsanspruch darauf. Dem voraus ging eine zweijährige Erprobungsphase in der Region, wie Alfred Simon, Reha-Berater bei der Agentur für Arbeit in Trier, erklärt. Deshalb sei man in der Trierer Agentur mit dem Instrument vertraut und wende es im deutschlandweiten Vergleich mittlerweile am häufigsten an.

Ihm habe man keine auf seinen Wunsch und Förderbedarf zugeschnittenen Ausbildungsmaßnahmen anbieten können, nur solche in anderen Berufen. Deshalb sei ihm zur Beantragung des persönlichen Budgets geraten worden. Damit habe er seinen Wunsch-Ausbildungsplatz frei wählen und finanzieren können. Florian hat nun zwei Vertragspartner: Mit der Agentur für Arbeit hat er vereinbart, welches Ziel mit seinem Budget erreicht werden soll. Und mit der Caritas, welche Leistung sie ihm für sein Budget gewährt. Sein Ziel wird bald erreicht sein: Im Mai legt er vor der IHK seine Abschlussprüfung ab, die Zwischenprüfung hat er mit "gut" bestanden. Er hat die Berufsschule besucht, wöchentlich einen Tag im Ausbildungsladen "Einzig art" gearbeitet, pädagogische Betreuung sowie individuelle Förderung genossen und ein Jahr Praktikum bei Karstadt gemacht. Das hat vor allem eine Perspektive gebracht: "Ich sehe positiv in die Zukunft."

ExtraPersönliches Budget: Laut Sozialgesetzbuch haben behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen Anspruch auf ein persönliches Budget, um selbst entscheiden zu können, welche Hilfe sie wann, wo und durch wen in Anspruch nehmen. Gewährt wird es von gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen, Trägern der gesetzlichen Unfall- und Rentenversicherung, der Jugend- und Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge sowie Integrationsämtern. Im Zusammenhang mit beruflicher Integration ist die Bundesagentur für Arbeit zuständig. Kontakt: Telefon 01801/664466, E-Mail reha@arbeitsagentur.de. Über das persönliche Budget und berufliche Integration berät auch der Caritasverband Trier, Telefon 0651/2096285, E-Mail beratung-pb@caritas-region-trier.de . (ae)

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