Mehr wohnen, weniger Heim

Trier · Für viele Ältere ist die Vorstellung, "ins Heim" zu müssen, schrecklich: Zwischen fremden Möbeln leben und als erwachsener Mensch vorgeschrieben zu bekommen, was man wann zu essen hat. Das Ago-Seniorenzentrum probiert sich deshalb an einem neuen Modell und organisiert das Leben in Wohngemeinschaften, in denen es mehr Gemeinschaft, aber auch mehr Privatsphäre geben soll.

 Irmgard Krischel wohnt mit elf anderen Menschen in einer Senioren-Wohngemeinschaft in Trier-Euren. Wer mag und kann, hilft wie sie auf unserem Bild beim Kochen oder anderen Tätigkeiten. TV-Foto: Benedikt Laubert

Irmgard Krischel wohnt mit elf anderen Menschen in einer Senioren-Wohngemeinschaft in Trier-Euren. Wer mag und kann, hilft wie sie auf unserem Bild beim Kochen oder anderen Tätigkeiten. TV-Foto: Benedikt Laubert

Foto: Benedikt Laubert (bel) ("TV-Upload Laubert"

Trier. Wie in einem kleinen Dorf fühlt sich, wer den Flur der Senioren-Wohngemeinschaft durchquert: Zwölf kleine Apartments reihen sich hier aneinander, die Wände zwischen den Türen sind beklebt mit lebensgroßen Fotos von Hecken, Bäumen und Straßenlaternen. Neben jeder Tür hängt ein weißer Briefkasten, darauf der Name des jeweiligen Bewohners.
Erst klingeln, dann eintreten


Außen sind die Türen nur mit einem Knauf versehen. Wer eintreten möchte, muss zuerst auf eine Klingel drücken. Ohne Erlaubnis der Bewohner gibt es, außer in Notfällen, keinen Besuch. Alle Apartments sind gleich geschnitten, doch jeder Bewohner hat seine rund 20 Quadratmeter mit eigenen Schränken, Bildern, Lampen und Gardinen individuell gestaltet.
"Fünfte Generation" nennt sich das Modell, das das Ago-Seniorenzentrum neben der Pflegestation und dem Betreuten Wohnen in Trier-Euren anwendet. Ziel ist zum einen, dass Senioren mit dem Einzug ins Altenheim nicht ihre Privatheit abgeben müssen. Sie sollen ihre persönliche Einrichtung mitnehmen und sich, wie vor dem Einzug auch, zurückziehen können.
Zum anderen sollen etwa mit Wohnküchen und gemeinschaftlichem Kochen "familienähnliche Strukturen" und damit Gemeinschaft gefördert werden, schreibt die Stiftung Kuratorium Deutsche Altenhilfe, die das Konzept entworfen hat, auf ihrer Internetseite. "Wir bieten diese Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz an, weil diese oftmals noch nicht viel medizinische Pflege benötigen, aber durchaus eine Betreuung, die Angehörigen nicht mehr leisten können", sagt Michaela Mayer, Leiterin der beiden Wohngemeinschaften.
Fast alle Bewohner sitzen an diesem Vormittag in der großen Wohnküche auf ihren Stühlen oder Rollstühlen und unterhalten sich. Einige, wie Irmgard Krischel, helfen bei der Vorbereitung eines Kartoffel-Brokkoli-Auflaufs. Gut aufgehoben fühle sie sich hier, sagt die Dame beim Kartoffelschneiden.
Was an diesem Mittag auf dem Tisch steht, fußt nicht auf einer Entscheidung der Betreuer, sondern wurde von den Bewohnern eine Woche zuvor festgelegt. "Auch wenn die Bewohner sagen, dass sie ab jetzt um 4 Uhr Abendessen wollen, dann tun wir das", sagt Mayer.
Das Prinzip gilt in allen Bereichen: Wer kann und mag, hilft etwa beim Wäschewaschen, Bügeln und Einkaufen. Auch die Einrichtung der Wohnküche wurde schon den Wünschen der Bewohner angepasst.
Blick in die Region


In Trier ist die Ago bislang der einzige Anbieter von Senioren-Wohngemeinschaften. In der Region gibt es allerdings schon mehrere ähnliche Modelle, etwa in Pelm oder in Hermeskeil. In Trier besteht die erste solche Gemeinschaft bereits seit 2012. Weil die Nachfrage gestiegen ist, gibt es seit November eine zweite im gleichen Haus. Weitere Wohngemeinschaften sind jedoch erst einmal nicht geplant.Extra

Anlaufstellen: Wer sich über Pflege oder Betreuung im Alter sowie über Finanzierungsmöglichkeiten kundig machen will, kann sich an einen der vier Pflegestützpunkte in Trier wenden. Der für den Norden zuständige ist zum Beispiel unter Telefon 0651/9120850 zu erreichen. Eine Auflistung aller Pflegestützpunkte findet sich unter <%LINK auto="true" href="http://www.trier.de/Leben-in-Trier/Senioren/Pflegeberatung" text="www.trier.de/Leben-in-Trier/Senioren/Pflegeberatung" class="more"%>. Auch das Seniorenbüro bietet werktags von 9 bis 12 Uhr eine Beratung unter Telefon 0651/75566. bel

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort