Melancholische Heiterkeit

Eine facettenreiche Vielfalt jiddischer Klezmermusik genossen knapp 170 Zuhörer beim Konzert der Berliner Gruppe "Klezmer Chidesch", die auf Einladung der jüdischen Kultusgemeinde in der Tufa gastierte. Die vier Musiker verbreiteten mit Originalität, Authentizität und größter Spielfreude fröhliche und seelenvolle Feststimmung.

 Musik voll Heiterkeit und Melancholie spielten Klezmer Chidesch in der Tufa Trier, hier Alexander Franz (links) und Igor Sverdlov. TV-Foto: Anke Emmerling

Musik voll Heiterkeit und Melancholie spielten Klezmer Chidesch in der Tufa Trier, hier Alexander Franz (links) und Igor Sverdlov. TV-Foto: Anke Emmerling

Trier. Der Begriff "Klezmer", heute bezeichnend für eine ganze Musikrichtung, bezog sich ursprünglich auf jüdische Musiker, die umherzogen, um auf Festen und an Feiertagen aufzuspielen. In dieser Tradition verstehen sich "Klezmer Chidesch" (Klezmer Wunder), die vier Musiker Jossif Gofenberg (Leiter der Band, Akkordeon, Gesang), Igor Sverdlov (Klarinette, Arrangements), Alexander Franz (Kontrabass) und Mark Szmelkin (Zimbal, Schlagzeug). Charismatische Musiker mit mitreißendem Mix

Die Berliner Gruppe aus ausgebildeten (Jazz-)Musikern ist international unterwegs, wurde mehrfach ausgezeichnet und tourt derzeit durch ganz Deutschland. In der Tufa Trier verbreiteten die charismatischen Musiker augenblicklich heitere Stimmung, wie sie nur auf einem Fest mit gut gelaunten Gästen aufkommt. Dafür sorgte ein mitreißender Mix aus lebhaften Tanzrhythmen, wunderschönen, leicht melancholischen Melodien, größter Spielfreude und feinem Humor. Augenzwinkernd gerieten nicht nur die Moderationen von Jossif Gofenberg, der das Publikum mit dem ein oder anderen Rabbiwitz vergnügte, sondern auch die musikalischen Interpretationen selbst. Ob traditionelles jüdisches Volkslied oder chassidische Melodie, jedes Stück würzten die Vier mit originellen Akzenten, von kleinen Jazzimprovisationen bis zu tänzerischen Einlagen. Gerade das, aber auch der handgemachte Sound der nach traditioneller Klezmerart kombinierten Instrumente und der direkte Draht eines jeden Musikers zum Publikum verliehen der Musik ungeheure Authentizität. Eine Swing-Version von "Bei mir bist du scheen" versetzte in das New York der 20er und 30er Jahre, das melancholische Lied vom "Stiefelchen" in ein osteuropäisches Schtetl. So vielfältig die musikalischen Einflüsse, so vielfältig auch ihre Wirkung. Mitreißende Rhythmen wurden mitgeklatscht, Ergriffenheit dagegen herrschte, als Rhythmusvirtuose Mark Szmelkin auf der 96-saitigen Zimbal (Hackbrett) die Seelen der Zuhörer berührte. Dafür, dass sich die Gefühle der Zuschauer Bahn brechen konnten, hatte die Gruppe vorgesorgt und gab ihrem Publikum viele Möglichkeiten, mitzumachen. Da wurde im großen Chor "Dona, Dona" oder "Tumbalalaika" gesungen, zum Schluss sogar ausgelassen getanzt. Mit Standing Ovations bedankten sich die Zuhörer für einen Abend, der Nostalgie, Melancholie und Heiterkeit vereinte.

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