Inklusion Sie wohnen zentral und sozial - Menschen mit Behinderung ziehen in Trierer Paulinstraße

Trier · Menschen mit Behinderung haben besondere Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche. Eine spezielle Kooperation der Immobiliengesellschaft IFA mit der Lebenshilfe Trier findet neue Wohnlösungen – und das ganz zentral.

 Rentner Helmut Schmitz, Sabrina Löwen und ihre Gruppenbetreuerin Ursula Kessing von der Lebenshilfe Trier fühlen sich wohl in ihrer neuen Wohnung in der Paulinstraße.

Rentner Helmut Schmitz, Sabrina Löwen und ihre Gruppenbetreuerin Ursula Kessing von der Lebenshilfe Trier fühlen sich wohl in ihrer neuen Wohnung in der Paulinstraße.

Foto: TV/Katharina Fäßler

Sabrina Löwen mag ihr neues Zuhause. Die hellen Räume mit dunklem Parkett haben breite Türen und niedrig gelegene Türgriffe. Das Beste daran ist ihr eigenes Zimmer mit Balkon. Manchmal rieche es nach Popcorn vom Broadway Kino nebenan. Sie freut sich, dass sie und ihre drei Mitbewohner als komplette Wohngemeinschaft (WG) aus Feyen hierher ziehen konnten.

Seit September 2018 leben die 28-Jährige und der Rentner Helmut Schmitz (69) nun in dem Neubau in der Paulinstraße – als stationäre Außenwohngruppe der Lebenshilfe Trier. Insgesamt sind 18 Menschen mit Behinderung hier in sechs Wohneinheiten gezogen. Es ist das erste Mal, dass die Lebenshilfe Wohnungen für behinderte Menschen im Rahmen der 25-Prozent-Sozial-Quote anmietet (siehe Info).

Wolfgang Enderle, der Ende Mai als Vorstand der Lebenshilfe aufhört, sagt: „Wir müssen neue Wohn-Lösungen für Menschen mit Behinderung finden. Bestimmte Wohnformen in der Behindertenhilfe können so in Zukunft nicht mehr betrieben werden. Oft gibt es nicht genug Barrierefreiheit oder die Menschen müssen sich zu zweit ein Zimmer teilen.“ Die Lebenshilfe habe fast 80 Leute auf ihrer Warteliste um Wohnplätze. Inklusion müsse bedeuten, Menschen mit Behinderung zu ermöglichen, da zu wohnen, wo andere auch leben, sagt Enderle.  Das glaubt auch Oberbürgermeister Leibe. Er sagt: „Inklusion heißt, Menschen mitten in der Stadt“.

Leibe freut sich über die Zusammenarbeit der Immobiliengesellschaft IFA mit der Lebenshilfe. Solche neuen Wohnstrukturen für beeinträchtigte Menschen passten gut in den städtischen Aktionsplan Inklusion für mehr Barrierefreiheit. Auch im Bundesteilhabegesetz steht, dass es Menschen mit Behinderung ab 2020 ermöglicht werden muss, freier entscheiden zu können, wo sie leben wollen.

Die Immobiliengesellschaft IFA ist Eigentümer der Gebäude in der Paulinstraße. Ihr Geschäftsführer Wolfgang Schäfer sei laut Enderle mit seinen Planungen zwar schon fast fertig gewesen, dennoch habe er sich spontan bereiterklärt, die sechs Wohnungen barrierefrei umzuplanen. Denn für stationäre Gruppen, wie die, zu der Sabrina Löwen gehört, gelten gesetzlich besonders hohe Bauanforderungen. Sie brauchen zum Beispiel zwei barrierefreie Rettungswege.

Der Unternehmer Schäfer hat im Quartier Paulinstraße und Maarstraße eine Anlage mit insgesamt 46 Wohnungen und Gewerbeflächen neu gebaut. Die Lebenshilfe zahlt ihm sieben Euro pro Quadratmeter Miete, vergleichbar seien in Trier 12 oder 13 Euro, so der Immobilienmann. Als Sozialdemokrat baue er die vorgeschriebenen Sozialwohnungen gerne: „Diese Auflage ist keine Belastung“. Schäfers Tochter, die Architektin Daniela Schäfer-Anell, bestätigt, dass barrierearmes Bauen heutzutage üblicherweise bereits in der Planung berücksichtigt werde, auch für ältere Menschen. Außerdem erhöht die barrierefreie Ausstattung eines Gebäudes seinen Wert.

Sabrina und ihre älteren Mitbewohner profitieren bereits davon, dass sie in der neuen Wohnung keine Treppen mehr gehen müssen. Auch Freunde mit Rollstuhl kommen nun überall durch. Außerdem sei sie von hier aus schnell beim Arzt oder in der Innenstadt und muss nicht mehr für alles den Bus nehmen. Bisher hat die Lebenshilfe fünf Außenwohngruppen – nur die drei neuen in der Paulinstraße sind barrierefrei.

Die Vorgaben der Bauaufsicht für die bestehenden Wohnungen der Lebenshilfe seien eine zukünftige Herausforderung für die Einrichtung, sagt Enderle.  Die wichtigsten nächsten Schritte seien der Umbau oder die Anmietung barrierefreier Wohnungen und die Abschaffung der Doppelzimmer für behinderte Menschen in stationären Heimen. Wolfgang Enderle sagt: „Dafür braucht es die Lebenshilfe noch ein paar Jahre.“ Sabrina und Helmut sind jetzt erst einmal gespannt, welche Nachbarn einziehen werden. Natürlich würde man für die auch mal ein Päckchen annehmen. Ganz normal eben.

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