Mieter können ihre Wohnträume gemeinsam verwirklichen

Trier · Der Nachbar soll kein Unbekannter sein: An der Thyrsusstraße in Trier-Nord sollen auf zwei Brachflächen und in einem derzeit leerstehenden Haus gemeinschaftliche Wohnprojekte entstehen. Die Wohnungsgenossenschaft Am Beutelweg eG (Wogebe) sucht nun Interessenten für die Wohnungen.

Trier. Es ist ein Projekt mit ungewissem Ausgang, da mit mehreren Unbekannten kalkuliert wird. Das sind die neuen Mieter, die ihr Wohnen in drei Wohnhäusern in der Thyrsusstraße mitgestalten können und sollen. Von diesen Wohnprojekten gibt es in Rheinland-Pfalz zurzeit bereits 15, eines davon in Trier (siehe Extra). Auf zwei derzeit brachliegenden Flächen von 2000 und 3000 Quadratmetern sollen die Häuser entstehen, ein weiteres Gebäude mit rund 1000 Quadratmetern Wohnfläche steht leer und wird entsprechend saniert. Die Gebiete gehören der Wogebe, die gemeinsam mit den neuen Mietern für die Finanzierung der Projekte sorgt.
Die Besonderheit der neuen Wohnform: "Die Interessenten bestimmen weitgehend selber, wie die Wohnungen hinterher aussehen", sagt Wolfgang Thiele von der WohnBund-Beratung Nordrhein-Westfalen. Er berät das Projektteam "Neues Wohnen Thyrsusstraße".
Gemeinsam mit Projektentwickler Joachim Fischer, Wogebe-Geschäftsführer Herbert Schacherer und Quartiersmanagerin Maria Ohlig sucht er Interessenten, die sich vorstellen können, in eines der Häuser zu ziehen und bei der Planung der Wohnungen mitzuarbeiten. Wie groß soll die Wohnung sein? Soll der Balkon zwei oder zehn Quadratmeter haben? Wie soll der Gemeinschaftsraum aussehen? Sollen die Wohnungen seniorengerecht ausgestattet sein? Diese Fragen wollen die Planer gemeinsam mit den neuen Mietern klären.
An welche Mieter denken sie dabei? "Das können ganz unterschiedliche Gruppen sein", sagt Projektentwickler Fischer, "von Studenten über Familien bis zu Senioren." Das Prozedere ist einfach: Die Mieter bringen Eigenkapital mit, das sie über Genossenschaftsanteile an der Wogebe in das Projekt einbringen. Je nach Kapitaleinlage fällt die Miete aus - wer viel Geld mitbringt, zahlt später weniger Miete. "Es gibt auch Förderprogramme für Leute, die nicht viel Eigenkapital aufbringen können", sagt Berater Kiehle. Außerdem können in den Häusern auch Sozialwohnungen für Menschen mit Wohnberechtigungsschein entstehen - je nach Interesse und Bedarf.
Den Planern ist bewusst, dass die Thyrsusstraße nicht den besten Ruf hat. "Aber die Hürde müssen wir nehmen", sagt Projektentwickler Fischer. Ähnliche Freiflächen seien in der Nähe der Innenstadt nicht vorhanden, außerdem verweist er auf die gute Infrastruktur: viele Einkaufsmöglichkeiten, gute Busanbindung, die Nähe zur Autobahn.
"Es wird auf jeden Fall Menschen geben, die sich dafür interessieren", sagt Fischer. Auch Wogebe-Geschäftsführer Herbert Schacherer hofft, dass das Konzept viele Menschen anzieht. "Wir haben die Grundstücke, die Leute müssen nur das Interesse am Planen mitbringen." Erste Bau- und Umbaumaßnahmen könnten, wenn sich schnell Wohnprojekte zusammenfinden, bereits 2012 beginnen.
Am Samstag, 29. Oktober, informiert die Wogebe von 14 bis 18 Uhr im Bürgerhaus Trier-Nord über das Projekt.
Extra

Das Modellvorhaben "Neues Wohnen Thyrsusstraße" gibt es seit Mai 2011. Die Projektentwicklung wird von der Stadt Trier und vom Land Rheinland-Pfalz im Rahmen des Programms Soziale Stadt gefördert. Die Wogebe möchte in den Häusern besonders gemeinschaftliche Wohnprojekte fördern: Bei dieser Wohnform hat jede Mietpartei eine separate Wohnung, meist gibt es einen Gemeinschaftsraum und weitere gemeinscahftliche Aktionen. Oft organisieren die Mieter nachbarschaftliche Hilfe, zum Beispiel für kleinere Reparaturen, Babysitten oder Unterstützung für Senioren. Im Modellvorhaben an der Thyrsusstraße gibt es keine Vorgaben, wie das gemeinschaftliche Wohnen ausgestaltet werden muss - das entscheiden die Mieter selbst. mem

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