Millionen für die Abrissbirne

TRIER. Der Boden des alten Polizeipräsidiums in der Südallee, in dem nach Ansicht des rheinland-pfälzischen Innenministers Karl-Peter Bruch (SPD) auch nach einer Generalsanierung die Gesundheit der Polizisten nicht garantiert werden könnte, steht im Mittelpunkt eines Beweissicherungsverfahrens vor dem Landgericht Trier.

"Solche Verfahren haben zunächst das Ziel, Zivil-Prozesse zu vermeiden", erklärt Landgerichtssprecherin Ingrid Luther. "Es geht darum herauszufinden, wer möglicherweise für Schäden verantwortlich ist." Betroffene dieses Verfahrens sind nach Informationen unserer Zeitung alle am Bodengewerk beteiligten Firmen: vom Hersteller über den Verleger bis zur Reinigungsfirma. Das Verfahren wurde angestrengt vom Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB), der in den vergangenen Jahren rund sechs Millionen Euro in die Sanierung des Präsidiums in der Südallee investiert hat. Trotzdem begann Anfang 2005 eine erschreckende Krankheitswelle. 88 Polizisten litten unter Symptomen bis hin zu Verätzungen der Atemwege, die sowohl vom Betriebsarzt als auch von weiteren Ärzten attestiert wurden."Psychosomatische Ursachen"

Der LBB - dessen Chef Hubert Heimann im Juni 2005 von Ursachen im "psychosomatischen Bereich" sprach und damit enorme Empörung auslöste - gab mehrere Gutachten in Auftrag, die klären sollten, ob das Gebäude diese Erkrankungen bewirkt hat. Doch kein Gutachten konnte diesen Zusammenhang belegen. Der Umweltmediziner Gerhard Wiesmüller von der Uni Achen bewertete die Gutachten. Er sprach vom Zusammenwirken verschiedener Faktoren als Ursache der Krankheitswelle, und hier schließt sich der Kreis zum aktuellen Beweissicherungsverfahren vor dem Landgericht Trier. Denn Wiesmüller brachte unter anderem den Boden in den Büros des alten Polizeipräsidiums ins Spiel - er könnte "möglicherweise nach einer falschen Behandlung" Reizstoffe freigesetzt haben. Jetzt will der LBB offenbar genau wissen, welche "falsche Behandlung" einen normalerweise harmlosen Linoleumboden zum möglichen Krankmacher mutieren ließ - und ob sich daraus Ansprüche gegen die Firmen ergeben könnten, die mit dem Boden zu tun hatten. Am Montag soll nach TV-Informationen ein weiterer Gutachter anrücken, um die Raumluft im alten Präsidium zu untersuchen. Das Innenministerium hat den Bau in der Südallee bereits abgeschrieben. "Eine zuverlässige Ermittlung der konkreten Ursachen für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Mitarbeiter ist letztlich nicht möglich", so Innenminister Karl-Peter Bruch auf Anfrage des TV. "Vielfältige, nicht in allen Einzelheiten feststellbare Faktoren" seien Auslöser der Krankheitswelle gewesen. "Vor diesem Hintergrund gebietet es bereits die Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitern der Trierer Polizei, für eine wirksame und nachhaltige Abhilfe zu sorgen." Weitere 15 Millionen Euro

Diese wirksame und nachhaltige Abhilfe soll ein Umzug in ein neues Gebäude sein, denn Bruch will nicht "das Risiko einer erfolglosen erneuten Sanierung, noch dazu unter Einsatz erheblicher Mittel, eingehen". Der LBB hatte diese erneute und von Bruch abgelehnte Sanierung mit weiteren 15 Millionen Euro beziffert. Am Montag soll laut TV-Informationen bekannt gegeben werden, wo das neue Präsidium entstehen wird. Dessen Bau und der Abriss des alten Gebäudes sollen 30 Millionen Euro kosten, als Einzugstermin ist der 1. Juni 2009 angekündigt. Die Schlussrechnung: Sechs Millionen für die - aus heutiger Sicht offenbar vergebliche - Sanierung des Präsidiums Südstraße, 30 Millionen für Neubau und Abriss. Der zweite Standort des Polizeipräsidiums steht übrigens in der Trierer Salvianstraße. Das alte "Bureau de Garnison", in dem sich heute das mit moderner Technik ausgerüstete Führungs- und Lagezentrum befindet, wurde vom LBB für 4,8 Millionen Euro saniert. Der Umzug wurde 2002 abgeschlossen.

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