Mime mit vielen Gesichtern

Trier · Michael Lieb, Sohn der Trierer Theater-Legende Jacques Lieb, tourt seit vielen Jahren mit seinem Ein-Mann-Theater durch Schulen und Unis in ganz Deutschland. Immer wieder zieht es ihn dabei auch in seine Heimat an der Mosel.

 Bei der Aufführung des „Urfaust" von Johann Wolfgang von Goethe schlüpft Michael J. Lieb in alle Rollen des Stücks. TV-Foto: Christina Libeaux

Bei der Aufführung des „Urfaust" von Johann Wolfgang von Goethe schlüpft Michael J. Lieb in alle Rollen des Stücks. TV-Foto: Christina Libeaux

Trier. Manchmal scheint der Weg eines Menschen klar vorgezeichnet und führt doch erst über Umwege zum Ziel. Michael Liebs Eltern waren Theaterleute, sein Vater Jacques spielte in Stücken wie dem Hauptmann von Köpenick am Theater Trier - aber "nebenbei", denn hauptamtlich arbeitete er als Korrespondent der Deutschen Presseagentur.
Vom Theater rät er seinem Sohn ab. Und so zieht der 1956 in Trier geborene und in Ruwer aufgewachsene junge Mann nach Abi und Wehrdienst der Liebe wegen nach München, wo er eine Lehre als Kürschner beginnt.
TV-Serie Menschen - ganz nah


Obwohl er bald merkt, dass ihm der Beruf nicht liegt, bereut er die Zeit nicht, denn in dem vornehmen Pelzladen kaufen auch die Prominenten ein: "Ich habe Zarah Leander bei der Anprobe eines Ozelotmantels gesehen!"
Er studiert in München Schauspiel und macht sich nach einem Fest-Engagement am Landestheater Coburg selbstständig. 1997 gründet er das Ein-Mann-Theater "Theatro LieBido".
Seitdem spielt er Goethes Urfaust vor Schülern und Studenten im In- und Ausland. Mit minimaler Verkleidung - mal eine Mütze, mal ein Umhang - , vor allem aber mit Stimme und Körperhaltung erfüllt er die Figuren mit Leben. Wenn er dann noch, wie an diesem Morgen in der Trierer Berufsbildenden Schule am Irminenfreihof, durch die Zuschauergänge streift und das Publikum in die Vorstellung einbindet, können sich auch Schüler für den schweren Stoff begeistern.
Besonders am Herzen liegt ihm eine andere Arbeit, die er erst in den letzten Jahren begonnen hat. Als freier Klinikclown besucht er vornehmlich Seniorenheime. "Ältere Menschen, vor allem die dementen, sehen meine Clownsverkleidung oft gar nicht. Viele freuen sich, mit jemandem über ihre Erinnerungen sprechen können." Als Patientendarsteller hilft er Medizinstudenten, sich auf schwierige Krankengespräche vorzubereiten. Die Profile der unterschiedlichen Patienten hat er selbst mitentwickelt.
Den Ausgleich zur Arbeit findet er bei seiner Frau und dem elfjährigen Sohn, mit denen er bei München auf dem Land wohnt. Und obwohl er seit über 30 Jahren dort Zuhause ist, kehrt er immer wieder gerne nach Ruwer und in die Stadt Trier zurück. Die römischen Bauten faszinierten ihn schon als Kind. "Dass die Porta Nigra ohne Mörtel erbaut ist, war für mich unvorstellbar."
Der Kontakt zur Moselmetropole bleibt über Familie und Freunde bis heute eng, obwohl sein Vater 2009 gestorben ist: "Trier wird immer meine Heimat bleiben! Ich habe darüber nachgedacht, wieder hierher zu ziehen, wenn ich im Ruhestand bin."

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