Minutenlanger Applaus für Wein, Weib und Gesang

Schweich · Standing Ovations zum Schluss eines sensationell gelungenen Abends mit einem hochwertigen Produkt in einem hochwertigen Ambiente samt hochwertigem Begleitprogramm: Die öffentliche Weinprobe der Stadt Schweich im Kulturzentrum Synagoge, veranstaltet vom Verein Kultur in Schweich, endete mit stürmischem minutenlangem Applaus; für Wein, Weib und Gesang.

Schweich. Sie waren die von Stadtbürgermeister Otmar Rößler bei seiner Begrüßung versprochenen Stars des Abends, die zwölf Weine, die von den fünf Schweicher Winzern den mehr als 150 Gästen in der Synagoge kredenzt wurden. Erlesene, rassige und elegante Tropfen aus den Kellern von Jürgen Schmitz (Weingut Schweicher Hof), Günther Gindorf, Heinz Zander, Thomas Wallerath, Marmann-Schneider und Gerd Rohr (Masteiner Hof).
Doch schnell wurde offensichtlich, dass sich die "Stars im Glas" die Zuwendung und Begeisterung mit zwei "Stars auf der Bühne" teilen mussten. Mezzosopranistin Antonia Lutz und Pianistin Sonja Kranich verzauberten mit Glamour und Varieté aus den 30er und 40er Jahren. Jazz und Swing, Chanson und Musical. Auch wenn der Lärmpegel mit jeder Flasche, die ausgeschenkt wurde, proportional anstieg, Antonia Lutz verstand die charmante Kunst, mit Gesang und Schauspiel allzu schwatzhaft laute Gemüter in Schach zu halten. Frech, aber nie frivol, mit viel Herz, aber ohne Schmalz. Mit Titeln von George Gershwin, Kurz Weill, Bert Brecht, Erich Kästner und Friedrich Holländer gelang es der Sopranistin vom Trierer Stadttheater, dem Abend auch akustisch eine eigene Note zu geben.
Geruchs- und Geschmackssinn dagegen wurden vom Weißen Burgunder und Blauen Spätburgunder gekitzelt, während die Königin der Weißweinreben, der Riesling, zunächst noch auf sich warten ließ. Ab dem siebten ausgeschenkten Tröpfchen aber verstanden auch die schwedischen und schweizerischen Gäste im Saal, warum der Moselaner, wie es einer in geselliger Runde umschrieb, beim Weintrinken Gottesdienst feiert. Dass bei so viel Genuss für die Sinne, Lehrreiches und Wissenswertes über den Wein nicht auf der Strecke blieb, dafür sorgte liebenswürdig und herzlich Moderatorin Alexandra Thul. Sie gab jedem Winzer Gelegenheit, etwas über den gerade ausgeschenkten Wein zu erzählen, sei es über den barriquegereiften Spätburgunder oder über den Unterschied von Secco und Sekt durch zugeführte Kohlensäure statt Flaschengärung.
Der besondere Dank an diesem Abend aber galt dem "Schweicher Kulturpapst", Emil Negelen, der "guten Seele" des Vereins Kultur in Schweich, einem umtriebigen, einfallsreichen Organisator und Macher, wie Stadtbürgermeister Rößler hervorhob. Vom "Spiel der Sinne" sprach die Schweicher Weinkönigin Michaela II., die den Ehrentisch mit ihren Prinzessinnen Martina und Katharina majestätisch schmückte, von "Spitzenweinen, die Lust auf mehr machten". Und wirklich: Als der Abend mit einer 2010er Riesling Auslese, natürlich vom Schweicher Annaberg, auf der Zunge und im Ohr mit Marlene Dietrichs "Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt" ausklang - von allen im Saal mitgesummt oder mitgesungen - da traf es sich wunderbar, dass der große Weinstand vor der Synagoge den meisten Gästen der Weinprobe ein zweites Zuhause für die Nacht gewährte. sbn
Der Schweicher Annaberg wurde 1868 in der historischen Lagenklassifikationskarte (Saar- und Mosel-Weinbau-Karte für den Regierungsbezirk Trier) als "Lage erster Klasse" eingestuft. Er steht damit mit dem Ürziger Würzgarten und dem Bernkastler Dokor in einer Reihe. sbn

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