Missbrauchsopfer klären in Kirche auf

Seit gut drei Monaten ist es bekannt: Ein Kaplan soll in den 1960er Jahren Messdiener in der Trierer Pfarrei St. Bonifatius sowie in Gerolstein und in Bettingen (Eifelkreis Bitburg-Prüm) sexuell missbraucht haben. Die ehemaligen Trierer Ministranten hatten ihr Schweigen nach 40 Jahren gebrochen. Demnächst wollen sie wieder sprechen - am Ort des Geschehens.

Trier. "Wir gehen an den ursprünglichen Ort des Geschehens, um dort aufzuklären", sagt ein Trierer Missbrauchsopfer gegenüber unserer Zeitung. Geplant sei eine Abendveranstaltung in den kommenden Wochen in der Pfarrkirche St. Bonifatius in Kürenz. Dort, wo ein Kaplan mehrere ehemalige Messdiener missbraucht haben soll (der TV berichtete). Die Opfer sollen zu Wort kommen, und sie wollen den Dialog mit den Mitgliedern der Pfarrgemeinde suchen. Der jetzige Pfarrer Hans-Georg Radina bestätigte das Vorhaben gegenüber dem TV. Alle Einzelheiten seien aber noch nicht geklärt, sagte Radina.

Pfarrgremien zeigen sich aufgeschlossen



Drei frühere Messdiener, die bis zur Aufklärungsveranstaltung anonym bleiben wollen, waren an das Kürenzer Pfarrgremium und den Pfarrer herangetreten. "Uns wurde mit Aufgeschlossenheit und großem Interesse begegnet", sagt ein mögliches Opfer. Mitte Mai hatten Gespräche zwischen Pfarrgemeinderatsmitgliedern, Pfarrer Radina und den ehemaligen Messdienern stattgefunden.

"Wir haben die Aufklärungsarbeit, die wir gefordert hatten, selbst in die Hand genommen, weil von Seiten des Bistums bislang außer der Strafanzeige gegen den Kaplan nichts passiert ist", meint ein mögliches Missbrauchsopfer. Mit der Veranstaltung verbinden die Ex-Ministranten den Wunsch, vor Ort präventiv zu wirken. "Kinder sollen nicht noch einmal in vergleichbare Situationen kommen und alleingelassen werden", sagt der Mittfünfziger. Er betont: "Es soll aber keine Sensationsveranstaltung werden."

Im Februar war bekanntgeworden, dass sich ein Geistlicher zwischen 1962 und 1973 an mehreren Jugendlichen vergriffen haben soll. Obwohl der Beschuldigte an seiner ersten Stelle einen Jugendlichen in Gerolstein missbraucht haben soll, wurde er in die Trierer Pfarrei Sankt Bonifatius versetzt - und später als Pfarrer nach Bettingen. Das Bistum hatte, nachdem der Gerolsteiner Missbrauchsfall bekanntgeworden war und weitere mögliche Opfer ihr Schweigen gebrochen hatten, Strafanzeige gegen den beschuldigten Kaplan erstattet.

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