Missbrauchsprozess gegen Ex-Schulleiter Befangenheitsantrag statt Urteil

Trier · Der ehemalige Leiter einer Schule im Landkreis Trier-Saarburg steht wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen vor Gericht. Sein Verteidiger wirft dem Richter Befangenheit vor. Der Prozess geht heute weiter.

Missbrauchsprozess: Befangenheitsantrag gegen Trierer Richter
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Da kam es vor der Ersten Großen Jugendkammer des Landgerichts anders als gedacht: Für den sechsten Verhandlungstag im Verfahren gegen einen ehemaligen Schulleiter, dem sexueller Missbrauch Schutzbefohlener vorgeworfen wird, hatte der Vorsitzende Richter Günther Köhler die Möglichkeit angedeutet, dass die Beweisaufnahme geschlossen und plädiert werden könnte. Zuvor war noch das Beratungsergebnis über fünf Beweisanträge der Verteidigung vorgesehen.

Diesen Punkt brachte der Vorsitzende auch zügig durch: Alle Anträge von Wahlverteidiger Martin Barduhn (Frankfurt) – es ging um die Anhörung weiterer Zeugen – wurden als unbegründet abgelehnt. Barduhn nahm es entgegen und beantragte, bis zur Sitzung am nächsten Tag einen neuen Antrag vorzulegen.

Dieser Zeitrahmen missfiel dem Vorsitzenden, der alternativ eine zweistündige Sitzungsunterbrechung anbot. Der Verteidiger ging darauf ein, aber die Stimmung im Saal wurde trotz hochsommerlicher Außentemperatur immer frostiger.

Nach der Beratungspause präsentierte Barduhns Kollege, Pflichtverteidiger Sven Schnitzer, das Ergebnis: Ein Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Köhler. Schnitzer ließ eine umfangreiche Begründung folgen. Besonders fokussierte sich die Verteidigung über die aus ihrer Sicht repressive Terminplanung des Vorsitzenden gegen Wahlverteidiger Barduhn. Köhler sei in keiner Weise auf die Terminprobleme des Anwalts eingegangen, obwohl er die Pflicht gehabt hätte.

Schnitzer zitierte dazu entsprechende Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH). Dem Angeklagten müsse so der Eindruck entstehen, dass sein Interesse, von einem Wahlverteidiger vertreten zu werden, vom Vorsitzenden nicht berücksichtigt werde. Schnitzler sprach von einer „völlig rücksichtslosen Terminierung“. Dann legte er noch nach: 14 Tage Zeit habe sich die Kammer für die Bearbeitung der fünf Anträge genommen, und dann dem Kollegen zwei Stunden zur Ausarbeitung eines neuen Antrags eingeräumt. Schnitzer: „Der Angeklagte muss den Eindruck haben, dass der Vorsitzende einen schnellen Verfahrensschluss der sachgemäßen Aufklärung der Sache vorzieht.“

Danach hangelte sich die Sitzung von einer Unterbrechung zur nächsten. Zunächst hatte ein zweites Richtergremium des Landgerichts über den Befangenheitsantrag zu entscheiden. Darüber wurde es Nachmittag. Dann das Ergebnis mit umfassender Begründung des Vorsitzenden: Der Antrag ist abgelehnt.

Nun legte Verteidiger Barduhn wieder nach und stellte weitere vier Anträge über zusätzliche Zeugen und Akteneinsichten. Über jeden musste die Kammer wieder beraten, alle wurden abgelehnt, und dann war es früher Abend. Und für den heutigen Mittwoch kündigte Barduhn weitere Anträge an – „aber die schreibe ich nicht in der Nacht, nachdem ich heute nach 16 Stunden wieder zurück in Frankfurt bin.“

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