Mission - für wen?

Am Sonntag feiert die katholische Kirche den Sonntag der Weltmission. Unter dem Motto "Mach den Raum deines Zeltes weit" aus dem Buch Jesaja wird der Blick auf die Weltkirche gelenkt. Für viele Menschen ist das Wort Mission nach wie vor mit einem schalen Geschmack verbunden, wurden viele Völker doch über die Jahrhunderte mit teilweise mehr als fragwürdigen Mitteln "christianisiert": mit Zwang, Erpressung, Krieg.

Dabei meinte der Sendungsauftrag Jesu an seine Jünger (Mt 28,19) etwas ganz Anderes. Christen sollen von ihrem Glauben Zeugnis ablegen, so dass die Frohe Botschaft von der Liebe Gottes, die allen Menschen gilt, erfahrbar wird. So ist missionarische Kirche heute immer auch diakonische Kirche, die sich um die Würde jedes einzelnen Menschen sorgt. Es stellt sich angesichts des Sendungsauftrags Jesu mittlerweile allerdings eine ganz andere Frage: Kann unsere westliche Kirche, die gegenwärtig einen massiven Bedeutungsverlust erlebt, überhaupt missionarisch tätig sein? Ist Deutschland nicht - wie manche sagen - inzwischen selbst ein Missionsland geworden?

Einer missionarischen Kirche geht es darum, das Evangelium in die jeweilige Zeit und Situation zu übersetzen. Mission heißt letztlich, sich gegenseitig die Hoffnungen und Sehnsüchte mitzuteilen und den lebendigen Gott, an den Christen glauben, hier und jetzt und immer wieder neu zu entdecken. Da können die Völker der Welt voneinander lernen, aber auch bei uns die Menschen voneinander glauben lernen. Mission heißt, Räume zu schaffen, in denen das Reich Gottes erfahren werden kann, und nicht: "Igelt euch ein, und rettet, was zu retten ist", denn es gilt: "Mach den Raum deines Zeltes weit."

Michaela Tholl ist Gemeindereferentin in Farschweiler, Lorscheid, Osburg und Thomm.

michaela-tholl@web.de

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