Mit 1047 Jahren ins Exil

TRIER. Konstantin kommt, das Marktkreuz und die Steipenfiguren gehen. Wegen der Sanierungs- und Umbauarbeiten im Simeonstift wandern die Exponate des Stadtmuseums vorübergehend ins Depot. Die wertvollsten Stücke verbringen die nächsten zwei bis drei Jahre außerhalb Triers unter Obhut und Bewachung der Bundeswehr.

Der Wert mancher Schätze lässt sich nicht mit Geldsummen beziffern. Das Original des Marktkreuzes ist solch ein Kleinod vom Kaliber "unschätzbar wertvoll". Erzbischof Heinrich I. (956-964) ließ es anno 958 auf dem frisch angelegten Platz westlich vom Dom errichten. Als Herrscher über Trier wollte Heinrich das Geschehen im Blick haben. Der neue Platz löste den aufgegebenen alten Markt an der Römerbrücke ab.Reiseziel geheime Kommandosache

Von der neuen Ära kündete weithin sichtbar das Sandstein-Kreuz mit Blattkapitell auf einer recycelten römischen Granitsäule. Es symbolisierte die Herrschaft des Erzbischofs und sein Anrecht auf Steuern und Zölle, aber auch auf den gesicherten Marktfrieden. Die Geburtsstunde des Hauptmarkts war zugleich der Startschuss zur Entwicklung der mittelalterlichen Stadt auf dem Trümmerfeld, das vom mehrfach zerstörten römischen Trier übrig geblieben war. Mittendrin stand das Marktkreuz. Fast ein Jahrtausend lang trotzte das Stadt-Symbol auf dem Hauptmarkt sämtlichen Stürmen, dann brachen unruhige Zeiten an. Den Zweiten Weltkrieg überstand des Kreuz samt Kapitell und Säule eingemottet in einem Stollen im westlichen Stadtteil. Am 29. Juni 1945, am Peter-und-Paul-Tag; erlebte es seine Renaissance auf dem Hauptmarkt - als bejubeltes Symbol des Friedens und der Freiheit. 1964 musste das Marktkreuz erneut weichen. Die Denkmalpflege brachte das kostbare Stück zum Schutz vor dem beharrlich nagenden Zahn der Zeit ins Städtische Museum und ersetzte es durch eine Kopie. Nun ist wieder einmal Standort-Wechsel angesagt. Die umfassenden Bauarbeiten für die Konstantin-Landesausstellung 2007 machen die Komplett-Räumung des Simeonstifts erforderlich. Während ein Großteil der Exponate in Museums-Depots unterkommt, mussten sich Museums-Direktorin Elisabeth Dühr und ihr Team für die stadthistorisch höchst bedeutsamen Steindenkmäler eine besondere Lösung einfallen lassen. Ergebnis: "Wir geben diese Stücke in die Obhut der Bundeswehr. Sie wandern in eine Kaserne außerhalb von Trier. Dort sind sie unter ständiger Bewachung." Der Umzug und seine Vorbereitung - ein Fall für Spezialisten. Die Trierer Steinmetzwerkstatt Bungert & Wirtz und der Pergamon-Museum-erfahrene Restaurator Christoph Kronewirth holen die Denkmäler im wahrsten Sinne des Wortes vom Sockel herunter. "Alles wie im Mittelalter. Manuell und mit einem Portalkran", erklärt Henning Wirtz. Während sich das Marktkreuz behutsam vom Kapitell löst und zur Zwischenlagerungauf eine Holzpalette "schwebt", bereiten nebenan im Dormitorium Kollegen die Steipen-Ritter auf die Reise zur Bundeswehr vor. Auch hier gilt höchste Behutsamkeits-Stufe. Die fast 600 Jahre alten Figuren aus Jaumont-Stein weisen zahlreiche Blessuren und Risse auf - ein falscher Handgriff, und die historische Pracht zerfiele in Stücke. Nach mehrstündiger Filigranarbeit ist der kritischste Teil der Mission gemeistert. Die Ritter lagern, wie bereits der restliche Original-Figurenschmuck von Steipe und Petrusbrunnen, in Schaumstoff-verkleideten Transportkisten. Wohin die Reise geht, bleibt geheime Kommandosache. "Sicher ist sicher", sagt Museums-Chefin Dühr. Der genaue Rückkehr-Termin steht noch nicht fest, wohl aber, dass Marktkreuz und Steinfiguren ihr künftiges Domizil im Erdgeschoss des Simeonstift-Nordflügels haben werden - als Bestandteile einer thematisch aufgearbeiteten Dauerausstellung zur Stadtgeschichte. Der Stadtmuseums-Part der Konstantin-Ausstellung 2007 soll ausschließlich im neuen Anbau auf dem Simeonstiftplatz über die Bühne gehen. Über Bauplanung und Konzept will die Stadt Ende Februar in einer Veranstaltung informieren.

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