Mit Berufsabschluss zum Studium

Bisher können junge Menschen ohne Abitur nur dann studieren, wenn sie über eine qualifizierte Ausbildung und eine mindestens zweijährige Berufserfahrung verfügen. Ein Modellversuch an der Fachhochschule Trier soll nun zeigen, ob diese Voraussetzungen gelockert werden können.

Trier. Ein Studium ohne Hochschulreife ist in Rheinland-Pfalz bereits jetzt möglich, aber an einige Auflagen gebunden. Die könnten sich möglicherweise ändern: Die Fachhochschule (FH) Trier startet diesbezüglich in Kooperation mit der Handwerkskammer (HWK), der Industrie- und Handelskammer (IHK) und der Berufsbildenden Schule (BBS) für Gewerbe und Technik in Trier im Herbst ein Modellprojekt.

Wie sehen die Studienmöglichkeiten ohne Abitur bisher aus?

Das Studium mit Berufsausbildung ist an enge Voraussetzungen geknüpft: Man muss seine Ausbildung mindestens mit der Note 2,5 abgeschlossen haben, außerdem muss man mindestens zwei Jahre Berufserfahrung vorweisen. Erst dann kann man an einer Fachhochschule oder an einer Universität fachgebunden studieren.

Was soll geändert werden?

Der Modellversuch in Rheinland-Pfalz will jetzt noch einen Schritt weiter gehen. Unter wissenschaftlicher Begleitung soll geprüft werden, ob Berufsabsolventen bei einem fachgebundenen Studium Defizite aufweisen oder ob man auf die berufliche Erfahrung verzichten kann. An diesem Modellversuch beteiligen sich auch die Fachhochschulen in Mainz (Betriebswirtchaftslehre) und in Koblenz (Ingenieurwesen).

Es gibt schon jetzt viele Studenten - wieso wollen die Beteiligten dann die bisherigen Anforderungen lockern?

Aufstiegsorientierte Jugendliche sollen nach einer Berufsausbildung eine weitere Perspektive erhalten. Damit sollen die akademische und berufliche Welt besser verzahnt werden und einen gleichwertigen Status erhalten, sagt Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK Trier.

Ein langfristiges Ziel ist außerdem, den Ausbildungsberuf für Eltern und Schüler attraktiver zu machen, sagt Günther Behr, Geschäftsführer der HWK Trier. "Viele Eltern wünschen sich, dass ihre Kinder das Abitur machen und dann irgendetwas studieren - obwohl das nicht automatisch zum beruflichen Erfolg führt." Eine gezielte Berufsausbildung und ein später darauf aufbauendes Studium können die Erfolgsaussichten deutlich erhöhen. Man habe aber weiterhin die freie Wahl: "Wenn man dann bereits erfolgreich ist, kann man auch einfach bei seinem Beruf bleiben." Alle Beteiligten rechnen außerdem mit einer geringen Quote an neuen Studenten. "Wir gehen davon aus, dass etwa ein Dutzend Berufsabsolventen in Trier pro Jahr diese Möglichkeit nutzen werden", sagt Rössel.

Welche Fächer sind für den Modellversuch vorgesehen?

Der Anfang soll in Trier mit den Ingenieur-Studiengängen für Elektro- und Versorgungstechnik gemacht werden. Teilnehmen können unter anderem ausgebildete Elektroniker oder Anlagenmechaniker im Bereich Sanitär, Heizung und Klima. Bei entsprechender Nachfrage kann die Zahl der Studiengänge erhöht werden.


Wie werden die Interessierten auf das Studium vorbereitet?

"Das Problem ist, dass viele Interessierte manche Basiskenntnisse für das Studium fehlen, vor allem in Mathematik", sagt Michael Müller, Leiter der BBS. "Jeder der Teilnehmer soll aber eine faire Chance erhalten, sein Studium erfolgreich abzuschließen", sagt Manfred Bitter, Hauptgeschäftsführer der HWK Trier. Daher wird es schon während der Ausbildung an der BBS einen Vorbereitungskurs für die interessierten Schüler geben. Im Vorfeld bietet auch die FH Kurse an, später wird es spezielle Tutorien, weiterführende Kurse und eine intensive Studienberatung geben.

Wie kann man mitmachen?

Zielgruppe des Modellversuchs sind vor allem junge Leute, die ihre Ausbildung mindestens mit der Note 2,5 in den vergangenen zwei Jahren abgeschlossen haben oder voraussichtlich abschließen werden.

Interessenten werden gebeten, sich schon jetzt bei der Fachhochschule Trier oder den Kammern zu melden. Sie werden dann zu einer Infoveranstaltung mit individueller Beratung eingeladen.

Ansprechpartner: Dirk Brechtken (FH Trier, Telefon: 0651/8103-312), Marcus Kleefisch (IHK Trier, Telefon: 0651/9777-301) und Günther Behr (HWK Trier, Telefon: 0651/207-121).

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