Mit der "Biewertal-Bahn" auf Fahrt

BIEWER. Nein, ein 200-prozentiger Eisenbahner sei er auf keinen Fall. Trotzdem gerät Franz-Josef Blau ins Schwärmen, wenn er von seinem Meisterwerk erzählt: die Freiluft-Modellbahn in seinem Vorgarten.

Nicht nur in Biewer dürfte die Adresse Im falschen Biewertal 45 besonders bekannt sein. "Wir haben Gäste aus Trier, aus Bayern, Luxemburg und Holland", berichtet Franz-Josef Blau. Sein Gartenzaun dient zwischen April und Oktober unzähligen großen und kleinen Zaungästen als Stütze - mit gutem Grund: Durch die zauberhafte Landschaft im Vorgarten des Häuschens in der ehemaligen Siedlung für Spätheimkehrer fahren bis zu drei Lokomotiven samt Waggons. Wer so eine Anlage in seinen Garten baut, war im früheren Leben sicher Eisenbahner. Diese Vermutung hätten schon viele Leute geäußert, sagt Modellbauer Blau und schmunzelt. Aber beruflich war er 30 Jahre lang im Trierer Walzwerk tätig. Also ein Hobby-Eisenbahner? Auch nicht wirklich, meint der 73-Jährige. Zu Weihnachten 1939 schenkte ihm ein Onkel die erste Modell-Eisenbahn, die aber samt dem elterlichen Haus in Heiligkreuz den Bomben zum Opfer fiel. "Erst als meine Tochter, die eigentlich ein Sohn werden sollte, zur Welt kam, schaffte ich mir wieder eine Modellbahn an." Die baute er um und neu, das eigentliche Hobby aber war das Arbeiten mit Holz. Bänke, Briefkästen, Möbel und Windmühlen in allen Größen schreinerte "Blaus Jupp" in seinem Keller in Biewer. Wenige Monate nach Ende seiner Berufstätigkeit erfüllten Ehefrau Gertrud und die Kinder dem frisch gebackenen Rentner dann einen lang gehegten Traum: Zum Geburtstag schenkten sie ihm einen Starter-Bausatz für eine Freiluft-Eisenbahn. Franz-Josef Blau holt ein Fotoalbum hervor und zeigt die Anfänge. Um den heimischen Vorgarten und die selbst gebaute Windmühle kreist im Rechteck eine Dampflokomotive mit zwei angehängten Personenwagen. Ab diesem Zeitpunkt hatte der leidenschaftliche Tüftler ein neues Hobby. Häuser mussten her, die Landschaft könnte auch etwas abwechslungsreicher gestaltet werden. "Oft sah ich meinen Mann stundenlang nicht, weil er am Basteln war", erinnert sich Gertrud Blau. Nach eigenen Ideen zimmerte er einen Bahnhof und ein Geschäft. Bis ins Detail kopierte er das eigene Haus. "Das steht immer noch hier an der Bahnstrecke, allerdings noch in seiner alten blauen Farbe", sagt der Bastler. Im Laufe der Jahre hat sich die "Biewertal-Bahn" entwickelt. Aus dem "langweiligen Schienenrechteck" ist ein verzweigtes Streckennetz mit Brücken und Tunnels gewachsen. Die Reisenden fahren jetzt vorbei an Hügeln und Felsen, an einer idyllischen Berg-Kapelle, einem Holzwerk und durch ein Städtchen mit romantischen Häusern. Und das auf drei unabhängigen Schaltkreisen, "so dass ich bis zu drei Lokomotiven gleichzeitig fahren lassen kann", erzählt Blau voller Stolz. Auch die aufwändige Elektrik mit Schaltzentrale im Keller hat er selber gebaut. Spaß macht es dem Handwerks-Talent und seiner Frau, wenn im Sommer "scharenweise Leute stehen bleiben und die Bahn fotografieren". Ganz besonders freuen sich die "Eisenbahner" über die Kinder, weil die so genau beobachten. "Vor zwei Jahren musste ich sogar mal die Loks von der Strecke nehmen, damit eine Familie ihren Spaziergang fortsetzen konnte", erinnert sich Franz-Josef Blau. Damit die Bahn-Saison 2004 beginnen kann, sind noch einige Arbeiten zu erledigen. "Und ich darf mich um die pflanzliche Gestaltung der Anlage kümmern", nennt die Ehefrau ihre Rolle bei dem "Familien-Hobby". Morgen startet die nächste "Trier - ganz nah"-Stadtteil-Serie. Diesmal steht Tarforst im Blickpunkt.

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