Mit der Steinaxt durch die Birke

Es geht auch mit der Steinaxt, dauert aber viel länger: Landesmuseums-Archäologe Hartwig Löhr demonstrierte, wie Steinzeit-Menschen Bäume fällten. Der im Schweiße des Angesichts durchtrennte Birkenstamm wird Bestandteil der neuen Museums-Dauerausstellung.

Trier. "Ich glaub', ich steh' im Wald", denkt sich mancher überraschte Passant vor dem Rheinischen Landesmuseum angesichts einer ziemlich ungewöhnlichen Aktion. Ein Mann schlägt mit einer Axt nach Leibeskräften auf einen Holzstamm ein, der an einem Baum an der Weimarer Allee festgebunden ist.

Steinzeit wird wieder Ausstellungs-Bereich



Doch der Mann ist kein Waldarbeiter, sondern Wissenschaftler: Landesmuseums-Archäologe Hartwig Löhr (61) demonstriert, wie in der Steinzeit Bäume gefällt wurden. Aus Sicherheitsgründen und wegen der Praktikabilität geschieht das nicht in freier Natur an einem lebenden Baum. Löhrs Demonstrations-Objekt - ein Zwei-Meter-Stück einer Birke aus dem Geisfelder Gemeindeforst - erfüllt aber seinen Zweck.

Die Axt kracht aufs Holz, Späne fliegen, Schweiß fließt. Und die Prozedur zieht sich in die Länge. Denn die Axt ist ein besonderes Exemplar. Der originalgetreue Nachbau eines Werkzeugs, das in grauer Vorzeit in den Wäldern der Region zum Einsatz kam, als Menschen noch keine Metallverarbeitung kannten. Vor der Bronzezeit waren Äxte mit Steinklingen ein überlebensnotwendiges Utensil. Das Roden von Wald und der Bau fester Hütten aus Holz und Lehm war eine Voraussetzung für das Leben als Ackerbauer und Viehzüchter vor 5000 Jahren.

Die experimentelle Spezial-Einlage, für die der Landesmuseums-Archäologe sich "zum Ötzi macht" und blöde Publikums-Sprüche wie "Löhr mal, wer da hämmert!" geflissentlich ignoriert, hat einen doppelten Anlass: Sie dient der Vorbereitung der neuen Dauerausstellung und getreu dem Motto "Hauen gehört zum Handwerk" auch der Werbung für die neue Ära des Rheinischen Landesmuseums. Ab September werden dort erstmals seit mehr als 20 Jahren wieder prähistorische Exponate gezeigt, darunter auch Beilklingen, die zu den häufigsten Funden aus der Jüngeren Steinzeit (etwa 5000 bis 1500 v. Chr.) gehören.

Das Schleifen einer steinernen Klinge beanspruchte je nach Härte zwischen einem halben Tag und einer Woche; die Herstellung eines hölzernen Stiels dauerte ebenfalls bis zu einer Woche. Eine Klinge hielt laut Löhr etwa ein Jahr: "Dann war sie durch wiederholtes Nachschärfen so verkürzt, dass sie unbrauchbar wurde."

Geschafft! Nach gut zwei Stunden harter Arbeit - einschließlich mehrfachen Drehens - hat Löhr den Stamm mit einem Durchmesser von gut 25 Zentimetern durchtrennt und freut sich über Zuschauer-Beifall. Mit einer neuzeitlichen Eisenaxt hätte er laut eigenem Bekunden "maximal eine halbe Stunde" benötigt.

Die Stamm-Hälften mit den charakteristischen Hieb-Spuren werden ebenfalls in der Steinzeit-Abteilung des künftigen Landesmuseums-Dauerausstellung zu bestaunen sein, quasi als Auftakt einer regionalen Zeitreise von der Vorgeschichte über die Römerzeit bis zum Mittelalter.

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