Mit Rollstuhl und Rollator in die Schule

Schweich · Sie werden alle zwei Wochen von den Siebtklässlern der Schweicher Meulenwaldschule besucht: Die Gruppe des Wohnbereichs Maria des Seniorenzentrums der Barmherzigen Brüder in Trier. Jetzt haben die alten Herrschaften den Spieß umgedreht und gemeinsam mit ihren Betreuern die Schüler in ihrer Schule besucht.

 Die fleißigen Köche haben für ihren Besuch schon am frühen Morgen Kartoffeln und Äpfel gerieben. Düppekuche mit Apfelmus hatten sich die Senioren gewünscht. Doch zuerst gibt es Blumen. TV-Foto: Sandra Blass-Naisar

Die fleißigen Köche haben für ihren Besuch schon am frühen Morgen Kartoffeln und Äpfel gerieben. Düppekuche mit Apfelmus hatten sich die Senioren gewünscht. Doch zuerst gibt es Blumen. TV-Foto: Sandra Blass-Naisar

Schweich. Sie hätten eher selten Gäste, die zusammen mehr als 1000 Lebensjahre mitbringen, freut Schulleiter Heinz Wegmann sich über die ungewöhnliche Begegnung von Jung und Alt in seiner Schule. Immerhin habe schon Stefan Andres in den alten Mauern hier die Schulbank gedrückt zu einer Zeit, die den Senioren wohl eher vertraut sei.
Heute heißt es Smartboard statt Kreide-Tafel, Teamarbeit statt Frontalunterricht. Beim Anblick der digitalen Tafel sind die Senioren sprachlos. "Das ist ja Zauberei!", lacht Anton Trierweiler, der vor "einer halben Ewigkeit" selbst einmal Schulleiter war. Margarethe Petry, vor kurzem 100 Jahre alt geworden, fragt immer wieder laut in die Runde, warum das eigentlich alles gut sei. Sie und die anderen, im Rollstuhl sitzend oder auf den Rollator gestützt, wundern sich, wie flott die Schüler da am Computer herumklicken. "Da kommt man ja gar nicht mehr mit!"
Annegret Kaltenborn-Reiter hat das Projekt "Jung begegnet Alt" schon vor vielen Jahren an der Meulenwaldschule initiiert. "Wir besuchen die Senioren, viele davon dement, in ihrer Wohngruppe in der Trierer Bruchhausenstraße. Dort wird zusammen gesungen und gebacken. Letztes Mal haben wir Marmelade gekocht und Schildkröten für den Pflanztisch getöpfert."
Ein ihr wichtiges Lernziel in Sachen Sozialverhalten ist, dass sich ihre Schüler in die Bedürfnisse alter Menschen einfühlen können. Sie machen den Rollstuhlführerschein und lernen über Hygiene in Senioreneinrichtungen. "Die Alten erzählen uns viel aus ihrem Leben!", berichten die Schüler Michael Jahnen und Joseph Gruz-Vasquez. "Sie zeigen uns, wie man früher in Sütterlin geschrieben hat, wie man Spitzendeckchen häkelt und was sie damals gerne gespielt haben." Und Anton Trierweiler als Sprecher der Gruppe meint zum Abschied: "Wenn man sechs oder sieben Mal so alt ist wie ihr seid, macht alles, was euch leichtfällt, auch sechs oder sieben Mal so viel Mühe!"
Nach dem kurzweiligen Vormittag mit vielen Fragen und Antworten sitzen schließlich alle beim Mittagessen zusammen. "Düppekuchen mit frischen Apfelmus" - das hatten sich die alten Herrschaften gewünscht. Und dafür hatten die Schüler eigens mit ihren Lehrern Kartoffeln und Äpfel handgerieben. Als Ruth Haupenthal vom sozialbegleitenden Dienst des Wohnbereichs St. Maria zum Dank ein Körbchen bunter Lollis überreicht, da strahlen alle um die Wette. "Das war mal ein schöner Tag!", seufzt die 100-jährige Margarethe Petry beim Abschied. Worauf ihr Leon Dietz spontan zuruft: "Dann kommen Sie doch bald wieder!" sbn

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