Mittler für seine Landsleute

TRIER. Haare schneiden und beim Behördengang helfen: Friseurmeister Pietro Petrini kam einst aus Italien an die Mosel. Sein Salon in Trier-Süd ist Anlaufstelle für die Sorgen und Nöte seiner Landsleute in Trier.

Dieser Name, man muss ihn mit einem rollenden "R" aussprechen: Pietro "Dino" Petrini. Das klingt nach Unbeschwertheit, nach Dolce Vita. Und wenn auch der 63-Jährige persönlich ein eher ruhiger Mensch ist: Seine Hände sind immerzu gestenreich in Bewegung, um das soeben Gesagte plastisch zu untermalen. Petrini, gebürtiger Italiener, lebt seit 42 Jahren in Trier-Süd - so wie viele seiner hier ansässigen Landsleute, die einst als Gastarbeiter ins Land kamen. Er hatte bereits in seiner Heimat als "Barbiere", als Friseur, gearbeitet, als er 1964 Italien verließ und in Trier seine Zelte aufschlug. Viereinhalb Jahre später hatte Petrini Deutsch gelernt, den Meisterbrief gemacht und einen eigenen Friseursalon eröffnet. Ehefrau Ursula lernte Petrini gleich in den ersten Monaten seines Aufenthaltes kennen, 1969 heiratete das Paar. Sein Salon in der Saarstraße ist nicht nur ein Ort zum Haareschneiden, vielmehr "eine Anlaufstelle für meine Landsleute", sagt Petrini. Der umgängliche Friseur hilft bei Wohnungs- und Arbeitsplatzsuche, Behördengängen und Sprachproblemen, vertritt als ehrenamtlicher "konsularischer Korrespondent" das italienische Generalkonsulat vor Ort und ist Ansprechperson des für die italienischen Migranten zuständigen Caritas-Mitarbeiters. Auch Salesianerpater Giuseppe Lupo von der katholischen Mission Koblenz, der sich um die Seelsorge der Trierer Gemeinde kümmert und muttersprachliche Gottesdienste anbietet, nimmt Petrinis Hilfe gern in Anspruch. Petrini selbst engagierte sich zudem vier Jahre lang im Ausländerbeirat der Stadt. Die Mittlerrolle sei ihm unbeabsichtigt zugewachsen, "vielleicht, weil ich im Salon immer erreichbar bin", sagt er bescheiden. Viel lieber möchte er die Arbeit des Paters erwähnen, der für Südamerika Spendengelder sammle und dabei von der italienischen Gemeinde unterstützt werde. Auch im Salon steht eine Spendenbüchse für Bolivien. Zurück nach Italien will er nicht mehr

In seinem Salon, leicht versteckt, hängt ein Poster eines Strandes der italienischen Adria, gesäumt von Palmen und Liegestühlen. "San Benedetto del Tronto", sagt Petrini, sichtlich stolz auf seine Geburtsstadt, "vergessen Sie bitte nicht den Flussnamen". Den Kontakt dorthin hat er nicht abreißen lassen, auch weil er Mitglied der Trierer Ascoli-Piceno-Gesellschaft ist: Die Partnerstadt ist der Nachbarort von San Benedetto. Allerdings will Petrini das Bild durch ein Foto des einstigen Altbaus des Hotels Porta Nigra ersetzen. Zurück nach San Benedetto will er nicht. "Meine Ehefrau spricht Italienisch, meine drei Kinder auch. Italien ist meine Heimat. Aber wäre ich dort, wäre es genau andersherum", sagt er mit einer erneut ausufernden Geste seiner Hände. Er fühle sich hier in Trier wohl. In Rom hätte ihm hingegen eine asiatische Touristin gesagt, er sehe zwar italienisch aus, wirke aber nicht so, "Italien hat sich eben auch verändert" - so wie Petrini. Unverändert hingegen bleiben die Klischees - auch Petrini hat es erfahren: Natürlich habe der Südwestfunk ihn und andere Landsleute anlässlich der 2000-Jahr-Feier der Römerstadt interviewt, "die standen plötzlich vor meinem Salon und filmten die Fassade ab". Er fährt einen Fiat, trinkt gern Rotwein und mag Spaghetti. "Ich esse aber auch gern Sauerbraten", sagt Petrini - und lacht.

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