Geschichte Ein großer Meister der Vogelperspektive

TRIER · Der Moselaner Jakob Weeser-Krell (1843-1903) war einer der bedeutendsten Vertreter der Industriemalerei. Vor rund 145 Jahren eröffnete er in Trier ein renommiertes Kunstatelier.

 1887 fertigte Jakob Weeser-Krell dieses hochdetaillierte Gemälde der Pianofabrik Ibach an.

1887 fertigte Jakob Weeser-Krell dieses hochdetaillierte Gemälde der Pianofabrik Ibach an.

Foto: TV/Firmenarchiv Ibach, Wuppertal

Während der Epoche der europäischen Hochindustrialisierung im späten 19. Jahrhundert entwickelte sich der begabte Geschäftsmann Jakob Weeser-Krell zu einem international anerkannten Spezialisten für perspektivische Malerei. Mit der Gründung der in Trier beheimateten „Anstalt für Perspektive“ startete er im Jahre 1875 eine bemerkenswerte Karriere als Künstler und Atelierbetreiber.

Der erfolgreiche Industriemaler wurde am 5. Dezember 1843 im heutigen Stadtteil Koblenz-Ehrenbreitstein geboren. Vor dem Beginn seiner aufstrebenden Künstlerlaufbahn arbeitete der langjährige Unternehmer unter anderem als selbstständiger Geschäftsinhaber in Köln. Als späterer Ateliergründer verfeinerte Weeser-Krell ein Verfahren zur malerischen Darstellung von Bauwerken aus der Vogelperspektive. Zu seinen wichtigsten Auftraggebern zählten insbesondere öffentliche Einrichtungen und industrielle Betriebe verschiedener Fachrichtungen. Diese verwendeten die detailreichen Gemälde des begnadeten Künstlers vorwiegend für Werbezwecke auf Briefbögen und Rechnungen sowie in Katalogen und Firmenchroniken. Die hohe Qualität seiner Arbeit wurde sowohl von einflussreichen Großbetrieben als auch mittelständischen Unternehmen geschätzt. Unter diesen befanden sich viele traditionsreiche und bekannte Firmen wie der Wuppertaler Pianohersteller Ibach, die Waffenfabrik Mauser in Oberndorf oder der Aktienverein für Bergbau und Hüttenbetrieb in Oberhausen (Gutehoffnungshütte). Darüber hinaus gehörte auch die Trierer Maschinenfabrik und Eisengießerei Eduard Laeis & Co. zu Weeser-Krells illustrem Kundenkreis.

Von der dauerhaften Präsenz des versierten Künstlers zeugen wichtige Ausstellungen seiner Bilder in Trier, Bremen, Berlin (1886), Wien (1890), Hamburg (1901) und Köln (1903). Gegen Mitte der 1880er-Jahre arbeitete Weeser-Krell zeitweise in Italien, wo er sein imposantes Hauptwerk „Peterskirche mit Vatikan in Rom“ verwirklichte.

 Eine historische Ansichtskarte der Kunstanstalt Weeser-Krell aus dem Jahr 1931 bewirbt das Trierer Stadtbad.

Eine historische Ansichtskarte der Kunstanstalt Weeser-Krell aus dem Jahr 1931 bewirbt das Trierer Stadtbad.

Foto: TV/Stadtwerke Trier

Mit dem mehrere Meter großen Aquarellgemälde hat der namhafte Kunstmaler nach eigener Einschätzung das „Höchste geschaffen, was auf dem Gebiete der Perspektive-Konstruktion der Architektur gegenüber bis dahin erreicht worden war.“ Ein Originalexemplar des monumentalen Kunstwerkes erhielt einst Papst Leo XIII. als Geschenk von der Diözese Trier.

 Anlässlich des 100-jährigen  Bestehens der Firma J. F. Adolff AG schuf das Atelier Weeser-Krell im Jahre 1932 ein großes Panoramabild des Werksgeländes der Spinnereifabrik. Foto: Technikforum Backnang

Anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Firma J. F. Adolff AG schuf das Atelier Weeser-Krell im Jahre 1932 ein großes Panoramabild des Werksgeländes der Spinnereifabrik. Foto: Technikforum Backnang

Foto: Techniksammlung Backnang

Um 1888 richtete Weeser-Krell eine neue Niederlassung seiner „Anstalt für Perspektive“ in der ehemaligen Reichshauptstadt Berlin ein. Neben dem Atelier betrieb er dort eine Lithographie- und Reproduktionsanstalt mit angeschlossenem Kunstverlag. Einen besonderen Karrierehöhepunkt erlebte der gefragte Kunstmaler bei der Jahresausstellung des Wiener Künstlerhauses von 1890, wo er den österreichisch-ungarischen Kaiser Franz Joseph I. persönlich kennenlernte. Für das Staatsoberhaupt der mächtigen Doppelmonarchie fertigte Weeser-Krell einst ein prachtvolles Monumentalgemälde der ungarischen Königsburg in Budapest an.

Im Verlauf der 1890er-Jahre verlegte der Berliner Unternehmer seinen Lebensmittelpunkt von Deutschland nach Oberösterreich. Dort eröffnete der mehrfache Familienvater ein weiteres Atelier auf Schloss Haus in Wartberg ob der Aist. In seiner neuen Wahlheimat arbeitete Weeser-Krell unter anderem für die österreichische Industrie, Kirchengemeinden und Abteien. Darüber hinaus vollendete er in seiner Berliner Kunstanstalt bis ins Jahr 1901 diverse Aufträge deutscher Unternehmen.

Im Alter von 59 Jahren starb der angesehene Künstler und Unternehmer am 13. August 1903 in Wartberg ob der Aist. Seine Nachfahren Ferdinand und Carlo-Maria Weeser-Krell setzen später die berufliche Tradition ihres Vaters als Kunstmaler und Atelierbetreiber in Österreich und Deutschland fort.

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