Moselwinzer, Wein und Revolution

Trier · Der Kunsthistoriker Jens Baumeister stellt sein Buch "Wie der Wein Karl Marx zum Kommunisten machte" vor. Der 48-Jährige erzählt Erstaunliches und wenig Bekanntes aus dessen Leben.

 Jens Baumeister (48) hat die Rolle untersucht, die der Wein im Leben von Karl Marx spielte. TV-Foto: Michael Thielen

Jens Baumeister (48) hat die Rolle untersucht, die der Wein im Leben von Karl Marx spielte. TV-Foto: Michael Thielen

Foto: (h_st )

Trier Die Lesung beginnt pünktlich am 5. Mai um 18 Uhr 18, am 199. Geburtstag von Karl Marx, genau ein Jahr vor Beginn der großen Feiern des Marx-Jahres in Trier. Im Städtischen Museum Simeonstift spürt Jens Baumeister bei seiner Lesung vor mehr als 60 gespannt lauschenden Zuhörern wenig bekannten Details aus dem turbulenten Leben des berühmtesten Trierers nach.
Zusammen mit seiner Frau Kathrin Baumeister (44), die Passagen des Buches vorträgt, versucht er die verblüffende These zu belegen, dass der revolutionäre Werdegang von Karl Marx eng mit dem Wein verbunden gewesen sei. Dazu nimmt Baumeister, der auch Weindozent und Gästeführer der Stadt Trier ist, die Zuhörer mit auf eine spannende Reise durch das Leben von Marx.
Vor allem seine Erfahrungen mit der Weinbaukrise an der Mosel in den 1830er und 1840er Jahren hätten ihn dazu gebracht, die Ursachen für das Elend in den ökonomischen Verhältnissen zu suchen, sagt Baumeister.
Und: "Marx hat sich zum ersten Mal mit wirtschaftlichen Fragen auseinander gesetzt, als er für die Rheinische Zeitung in Köln Artikel geschrieben hat über die Not der Moselwinzer." Daher könne man mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass er durch die Beschäftigung mit der Lage der Moselwinzer stark in seinem Denken und Handeln beeinflusst und letztendlich zum Kommunisten geworden sei. Überdies habe der Wein immer schon eine Rolle in seinem Leben gespielt. Heinrich Marx, sein wohlhabender Vater und Anwalt in Trier, sei Weinbergbesitzer in Kürenz und Mertesdorf gewesen, und Karl Marx für kurze Zeit ebenfalls. Er selbst sei dem Weingenuss, auch dem übermäßigen, nicht abgeneigt gewesen.
Während seiner Studentenzeit in Bonn "hat sich Karl Marx eine eintägige Karzerstrafe wegen nächtlichen Lärmens und Trunkenheit zugezogen", zitiert Baumeister aus dem Abgangszeugnis der Universität. Wein sei im Hause Marx, auch später in London, ein alltägliches Getränk gewesen und sogar aus "gesundheitlichen Gründen" getrunken worden.
Zuhörer Karl-Josef Prüm (61) aus Trier findet nach der Lesung die Information spannend, dass Marx auch "durch den persönlichen Umgang mit Wein dazu angeregt wurde, sich mit dem Schicksal der Moselwinzer zu befassen". Ulrike Gotthard (55) aus Schweich ist fasziniert von dem für sie "neuen Blick in die Zeit von Marx, die damaligen Bedingungen des Weinanbaus und die drastischen Auswirkungen auf die Region".
Nach der kurzweiligen Buchvorstellung wird Wein unter anderem aus einem Weinberg ausgeschenkt, der einmal der Familie Marx gehört hat. Dabei werden über 100 Euro für den Kinderschutzbund gespendet. Laut Kathrin Schug vom Städtischen Museum Simeonstift sollen sie dazu verwendet werden, Kindern Führungen durch das Museum zu ermöglichen.
Ein Video zu dem Thema finden Sie unter www.volksfreund.de/videoExtra: JENS UND KATHRIN BAUMEISTER


Seit mehr als 20 Jahren arbeiten die Kunsthistoriker Jens und Kathrin Baumeister im Touristikbereich zusammen. Sie haben für 2017 einen Veranstaltungskalender erstellt, der ihre vielfältigen Aktivitäten auflistet und beschreibt. E-Mail: jens@the-kottabos.eu Jens Baumeister: "Wie der Wein Karl Marx zum Kommunisten machte", Eigenverlag. Trier 2017.

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