Mund auf, Zähne zusammenbeißen

TRIER. "Eigentlich rege ich mich nicht schnell auf. Aber was da passiert ist, kann nicht angehen", ärgert sich Frauke Wagenbach. Sie wollte auf Anraten ihrer Ärztin eine Zahnfüllung erneuern lassen. Und soll dafür 400 Euro zahlen, worüber die Ärztin sie erst aufgeklärt habe, als die alte Füllung schon entfernt war. Die Rechtslage ist verzwickt.

Völlig beschwerdefrei, nur zur Kontrolle konsultiert Frauke Wagenbach eine Zahnärztin in Triers Innenstadt. Die Diagnose der Ärztin: "Vier Füllungen müssen erneuert werden, wir können ja mal mit der Behandlung des ersten Zahns anfangen." Nach längerer Prozedur sei die alte Backenzahnfüllung entfernt worden. Mit offenem Mund, gehandicapt und angespannt auf dem Behandlungsstuhl liegend, sei sie in diesem Moment von der Ärztin nach ihrer Krankenkasse gefragt worden, schildert Wagenbach die Situation aus ihrer Sicht. Die Ärztin habe ihr sodann eröffnet, dass die Kasse nicht alles übernehme. 400 Euro müsste ich selbst zahlen, so Wagenbach. Parallel zu der Behandlung habe sie dann ein Formular über die Vereinbarung von zusätzlichen Kosten bei zahnärztlichen Behandlungen in Höhe von 400 Euro unterschrieben - und ist nach Behandlungsende Trägerin eines Cerek-Keramik-Inlays. "Von Inlay war doch gar nicht die Rede", erinnert sich Wagenbach. Erst nach der Behandlung habe die Sportlehrerin die "unfaire Methode" kritisiert; sie ärgert sich, die Vereinbarung unterschrieben zu haben. Grundsätzlich könnten 400 Euro angemessen sein, meint ein Sprecher der Bezirkszahnärztekammer in Wittlich. Denn es sei eine Einschränkung der Behandlungsqualität, wenn Ärzte sich vor Behandlungsbeginn auf die - je nach Defekt nicht genau zu kalkulierenden - Kosten und besten Behandlungsmöglichkeiten festlegen müssten. "Die Ärztin hätte aber der Patientin, spätestens als die alte Füllung heraus war, Alternativen aufzeigen müssen", sagt der Sprecher. Das habe sie auch getan, wehrt sich die behandelnde Ärztin. "Ich habe mit der Patientin noch vor Behandlungsbeginn Alternativmöglichkeiten besprochen", sagt sie auf TV-Nachfrage. Das sei zu einem Zeitpunkt geschehen, als Wagenbachs Gebiss noch im ursprünglichen Zustand war. Dem widerspricht die Patientin vehement. Denn nach Wagenbachs Schilderungen habe es eben keine Aufklärung über alternative Behandlungsmöglichkeiten, Art und Weise der Füllung, Kosten und Dauer vor dem eigentlichen Behandlungsbeginn gegeben, als sie noch im Besitz ihrer alten Füllungen war. "Vielleicht hätte ich selbst nachfragen müssen, was alles auf mich zukommt?", überlegt die Lehrerin. Dem widerspricht Gudrun Matusch, Juristin in der rheinland-pfälzischen Verbraucherzentrale Mainz. "Bevor Behandlungs- oder Versorgungsleistungen erbracht werden, muss über entstehende Mehrkosten eine schriftliche Vereinbarung vorgenommen werden", sagt sie. "Das Vorgehen der Ärztin in diesem Fall ist nicht in Ordnung." Sie habe die Patientin in eine Notsituation gebracht, findet Matusch, sogar ein Fall von strafrechtlicher Nötigung könne vorliegen. "Wenn keine rechtzeitige und vollständige Aufklärung erfolgt ist, bestehen Zweifel, ob die Ärztin einen Anspruch auf Begleichung der Mehrkosten hat", sagt Matusch. Die Beweislage sei allerdings schwierig. "Da könnte ja jeder kommen", meint die Ärztin zu den Vorwürfen.

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