Festival Weltmusik im allerbesten Sinne

Trier · Die Tuchfabrik in Trier hat die Vielfalt der musikalischen Kulturen mit dem „Creole Sommer“-Festival gefeiert.

 Fränkische Weltmusik brachte Gankino Circus in die Trierer Tufa – von links: Ralf Wieland, Simon Schorndanner, Maximilian Eder und Johannes Sens.

Fränkische Weltmusik brachte Gankino Circus in die Trierer Tufa – von links: Ralf Wieland, Simon Schorndanner, Maximilian Eder und Johannes Sens.

Foto: Dirk Tenbrock

Bei strahlendem Open-Air-Wetter hat die Trierer Kultur­institution Tuchfabrik am Wochenende Weltmusik zelebriert – vier Konzerte, die ein vielfältiges musikalisches Programm jenseits des Mainstreams zeigten. Vor der Sommerbühne im Innenhof finden unter Einhaltung der Corona-Regeln rund fünf Dutzend Zuschauer Platz. Die Atmosphäre unter den Bäumen ist sehr entspannt. Es wird getrunken und getafelt, gescherzt und geredet. Die Aufmerksamkeit für die Künstler ist jedoch ungeteilt – auch ein Tänzchen ist erlaubt und gewollt.

Am Samstagabend ist der Gankino Circus zu Gast. Die vier Musiker stammen alle aus dem kleinen Dorf Dietenhofen im tiefsten Franken. Und sie machen Weltmusik im allerbesten Sinne. Da wird heilig „heilich“ und Beerdigung „Beerdichung“ ausgesprochen, und damit kokettieren sie nicht einmal. Die Herren sind im besten Sinne altmodisch. Ausgehend von der Dorfkneipe „Zur Heiligen Gans“, spinnen sie ihre Geschichten um skurrile Figuren wie den Wirt „Weizen-Charlie“. Er haucht fatalerweise sein Leben mit dem Gesicht im Bierglas ausund zwingt die vier Jungs, zum Griechen „Waskostas“ auszuweichen. Das ist Kabarett pur, lakonisch vorgetragen und so triefend ironisch verkörpert, dass man den Vieren im Grunde jedes Wort glaubt. Wer seine fränkische Band nach dem bulgarischen Tanz Gankino nennt, der lässt es entsprechend krachen. Gitarre, Saxofon, Klarinette, Akkordeon, Schlagzeug und Trompete beherrschen die Herren meisterhaft: Da wird die Bouzouki mit der Bohr­maschine auf der Gitarre gespielt, bis die e-Saite reißt. Und aus den Knochen des toten Wirts wird ein Perkussion-Instrument. Die rasend-dynamische Fahrt durch die Musikstile, Polka, Klezmer, Sirtaki, Pulp Fiction, Rock ’n’ Roll, Gypsy, Jazz – alles Variationen fränkischer Volksmusik – krönt ein Requiem auf den „Weizen-Charlie“. Die Zuschauer tanzen und jubeln, der Band gefällt es sehr, und zum Abschied wird es ganz besinnlich. Eine berührend schöne Version von „Kein schöner Land“ entlässt das Publikum in die laue Sommer­nacht.

Den Auftakt am Donnerstagabend hatte die italienische Sängerin Maria Mazzotta mit ihrem Programm „Amoreamaro“ (bittere Liebe) gemacht. Begleitet von einem Akkordeonisten aus Madagaskar und einem iranischen Perkussionisten sang sie von den Facetten der Liebe aus weiblicher Sicht, sehnsüchtig, sinnlich und beschwörend. Der Freitag stand im Zeichen der Multi-Kulti-Reggae-Weltmusikband Unojah. Eine rhythmisch-spirituelle Mischung mit einer Botschaft gegen Fremden­feindlich­keit, die ankam. Der Abschluss am Sonntagabend hatte dann einen französischen Touch: Marion & Sobo Band erzählten musikalische „Histoires“, Geschichten voller Emotionen und in sechs verschiedenen Sprachen. Feinster Gypsy-Swing zum Abschluss eines sehr gelungenen Festivals.

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