Unwetter Nach dem Sturm – Trier-Olewig hat es voll erwischt
Trier · Die größten Schäden hat das Unwetter am Donnerstag im Trierer Stadtteil Olewig verursacht. Am Tag danach wurde aufgeräumt. Im Kleeburger Weg und im Tiergartental ist besonders viel zu tun.
Der Garten des Hauses am Fuß des Kleeburger Wegs gleicht am Morgen nach dem Unwetter einem Schlachtfeld. Robin Marbut und Freunde der Familie tragen Möbel, technische Geräte und alles, was sonst noch in der braunen Flut versunken war, aus dem Untergeschoss. Braune Streifen an der Wand markieren dort in 150 Zentimetern Höhe, wo das Wasser zum Stillstand kam. „Als ich am Donnerstag um 18.30 Uhr von der Arbeit gekommen bin, stand das Wasser knöchelhoch“, sagt der junge Mann. „Ich habe die Elektrogeräte ausgesteckt. Dann ging alles rasend schnell. Wir konnten gerade noch die Geige meines verstorbenen Vaters retten, alles andere ist kaputt.“
Im Haus nebenan, schon etwas höher gelegen, stand das Wasser im Kellergeschoss 80 Zentimeter hoch. Waschmaschine, Kühlschrank und vermutlich auch die neue Heizung sind kaputt. Dagmar Rommel, die ihren betagten Eltern bei der Beseitigung der Schäden hilft, wirkt trotz allem gelassen. „Zum Glück ist alles versichert.“ Am Abend davor sei sie allerdings doch schockiert gewesen: „Das waren unglaubliche Wassermassen!“ Auch für ihren Vater, Josef Wollscheid (87), steht fest: „So etwas habe ich noch nicht erlebt.“
Nachbar Jörg Heiderich hatte noch mehr Glück. Zwar glich sein Garten am Donnerstagabend einer Seenplatte. „Das Wasser hat aber genau am Eingang zum Haus angehalten.“ Noch am Abend habe er mit dem Aufräumen begonnen und bis 2 Uhr gearbeitet. Am Freitagmorgen zeugen lediglich etwas angeschwemmter Kies in der Einfahrt und eine braune Pfütze am Gartentor von den dramatischen Stunden des Vortags, als die Feuerwehr im Großeinsatz war.
Von den fast verzweifelten Anstrengungen, die Riesling-Weinstraße von der bis zu 20 Zentimeter hohen Schicht aus bis zu zwei Zentimeter dicken Hagelkörnern und ausgeschwemmter Erde aus den Weinbergen zu befreien, zeugt am Tag danach vor allem ein großer Haufen Material am Straßenrand.
Wer einen authentischen Eindruck von dem Hagelsturm bekommen will, kann das an diesem Tag mit einem Besuch im Tiergarten erledigen. Das idyllische Tal war vermutlich mit am stärksten betroffen, als sich in Trier der Himmel verdunkelte und das Unwetter losbrach. Gärtner Johannes Schmidgen hat mit seiner Wetterstation 25 Liter Niederschlag innerhalb von 25 Minuten gemessen – ohne Hagel. „Wir standen zeitweise mit allen Mann in der Halle und haben gebetet, dass in den Gewächshäusern die Scheiben halten“, erzählt er. Zum Glück seien nur vier davon im Hagelschlag zerbrochen. Schmidgen nimmt einen zerschmetterten Salatkopf aus einem Beet mit 1200 Pflanzen. „Alles kaputt, alle Freilandkulturen.“ Salat, Zucchini, Lauch, Kohlrabi. Den Schaden beziffert er auf 3000 bis 8000 Euro.
Wie groß die finanziellen Einbußen für das Weingut Georg Fritz von Nell sein werden, steht noch nicht fest. „Unsere acht Hektar im Tiergartental sind stark geschädigt“, sagt Evi von Nell. „Wie viel wirklich kaputt ist, wird sich noch herausstellen. Aber zum Glück haben wir noch eine ähnlich große Fläche an der Mosel und am Petrisberg, die nicht betroffen ist.“ Froh sei sie auch, dass die noch neuen Terrassen im Tal die Wassermassen überstanden hätten.
Peter Terges, Vorsitzender der Winzervereinigung Olewig, ist am Freitag im Weinberg, um zu retten, was zu retten ist. „Wir müssen sofort spritzen, damit die beschädigten Reben nicht ganz kaputt gehen.“ Zwischen 30 und 70 Prozent Ernteausfall erwartet er. „Wir hatten jahrelang Glück, aber jetzt hat es Olewig voll erwischt“, sagt er. Neben dem Tiergartental sei besonders der Burgberg betroffen.
In Trier-West sind die Anwohner des Tempelwegs dagegen noch einmal mit dem Schrecken davongekommen. Als Regen und Hagel am Donnerstag dort gegen 17 Uhr am stärksten sind, will Kathrin Kleiner die unheimliche Szenerie auf einem Handyvideo festhalten. Sie filmt aus dem Fenster. „Plötzlich dachte ich: Was ist denn mit dem Baum da los?“, erzählt sie am Tag danach dem Volksfreund. Von einer der mächtigen Linden gegenüber ist ein riesiger Seitentrieb auf das Nachbarhaus gefallen. Die junge Frau hat sofort die Feuerwehr informiert. „Bei der wusste man von dem umgestürzten Baum noch nichts.“ Ob die Nachbarn, die in dem Mehrfamilienhaus wohnen, zu Hause waren, weiß sie nicht. „Ich habe jedenfalls niemanden auf der Straße gesehen, es kam auch niemand raus“, sagt Kleiner. Die Polizei sei sofort da gewesen, später auch die Feuerwehr und Männer, die zumindest die kleinen Äste schon mal direkt vor Ort kleinhäckselten. „Spät am Abend kam dann noch ein großer Kran, der den Stamm weggehievt hat auf ein Nachbargrundstück.“
Dort liegt der Seitentrieb der Linde, der einen Durchmesser von mindestens 40 Zentimetern hat und etliche Meter lang ist, am Freitagmittag noch. Der Abschnitt des Tempelwegs ist gesperrt. Das Schieferdach ist notdürftig mit einer Plane geflickt. „Verletzt wurde niemand, die Feuerwehr hat das Dach abgedichtet, das Haus ist weiter bewohnbar“, sagt Michael Schmitz, Pressesprecher der Stadtverwaltung.
Auf die ist am Kleeburgerweg am Freitag niemand wirklich gut zu sprechen, die Feuerwehr ausdrücklich ausgenommen. „Als hier vor über 30 Jahren die Gustav-Heinemann-Straße zur Uni gebaut wurde, hat niemand daran gedacht, welche Folgen das bei Starkregen für die Häuser hier unten haben könnte“, ist Dagmar Rommel überzeugt. „Jetzt steht hier bei Starkregen immer das Wasser auf der Straße.“