Nächtliche Eindringlinge auf dem Friedhof

Waldrach · Wildschweine haben im Sommer in Fell und Riol Weinberge und Gräber verwüstet. Im Ruwerort Waldrach sind es jetzt Rehe, die Probleme machen. Auf dem Friedhof fressen sie Blumen von den Gräbern und hinterlassen ihren Kot. Ein neuer Zaun soll die Tiere künftig fernhalten.

Waldrach. Sie kommen nachts und hinterlassen deutliche Spuren auf dem Waldracher Friedhof: Rehe haben sich die Anlage am Ortsrand offenbar ausgewählt, um dort regelrechte Festmähler zu veranstalten. "Sie fressen überall die Blumen von den Gräbern. Es sieht schlimm aus", klagt ein Friedhofbesucher, der anonym bleiben möchte. Vor allem die Knospen der Stiefmütterchen fielen den hungrigen Vierbeinern zum Opfer, berichtet der Mann. Außerdem hinterließen die Tiere ihren Kot auf Wegen und Gräbern.
Der Ortsgemeinde ist das Problem bekannt - sie hat bereits auf die nächtlichen Eindringlinge reagiert. Der Gemeindearbeiter hat oberhalb der Leichenhalle einen Drahtzaun an der Mauer angebracht, die das Gelände in Richtung Weinberge abgrenzt. Die Mauer sei an dieser Stelle etwas niedriger, die Tiere könnten darübergesprungen sein, vermutet Reinhard Lichtenthal, erster Beigeordneter der Ortsgemeinde.
Förster Michael Gillert weiß, warum die Rehe gerade jetzt auf den Friedhof kommen. "Bei geschlossener Schneedecke sind sie massiv auf Nahrungssuche", sagt Gillert. Aus den Weinbergen kämen sie ohne Hindernisse direkt zum Friedhof. Dass sie vor allem die Blütenknospen fressen, sei typisch: "Die sind besonders eiweißhaltig, für Rehe eine Delikatesse." Um die Tiere fernzuhalten, schätzt Gillert, müsse rund um das Gelände ein Zaun von mindestens 1,50 Meter Höhe errichtet werden.
Reinhard Lichtenthal sieht noch ein weiteres Problem: Die Ortsgemeinde habe zwar vor knapp zwei Jahren alle Tore am Friedhof erneuert. Damals hatten Wildschweine im Ort viele Vorgärten verwüstet (siehe Extra). Die Tore stünden aber häufig offen. Der Beigeordnete sieht die Besucher in der Pflicht: "Man kann schon vorbeugend etwas tun, wenn die Türen auch tagsüber geschlossen sind." Denn die Rehe kämen nicht nur nachts. Er habe vor kurzem einige Jungtiere morgens um halb neun mitten im Ort am Kindergarten gesehen, berichtet Lichtenthal.
Bei der momentanen Witterung hält er es für schwierig, die Rehe auf Abstand zu halten: "Sie suchen jetzt jeden möglichen Zugang zum Futter." Und am Friedhof, vermutet Lichtenthal, gibt es nicht nur das eine Schlupfloch, das nun der Zaun versperrt. Auch deshalb sieht er weitere Schutzvorrichtungen skeptisch: "Wir müssen da mit Maß vorgehen. Es muss ja auch optisch einigermaßen aussehen." Bei einem zwei Meter hohen Zaun rund um den Friedhof würde es "auch Beschwerden geben".
Einen ausreichend hohen Zaun sieht Thomas Schmitt, einer der beiden Jagdpächter aus Longuich, allerdings als "einziges probates Mittel". Der Friedhof sei der zurzeit "am besten gedeckte Tisch in der Umgebung". Nur ein Zaun könne die Rehe fernhalten. Andere Abwehrmittel, etwa akustische, seien bei einem Friedhof nicht geeignet. Als Jäger kann Schmitt zudem nicht aktiv werden: Der Friedhof ist laut Landesjagdgesetz ein "befriedeter Bezirk". Dort und im Umkreis von 200 Metern ist Jagen tabu.
Reinhard Lichtenthal will das Reh-Problem demnächst im Gemeinderat ansprechen: "Dann überlegen wir, ob und wie ein zusätzlicher Schutz möglich ist."Extra

Probleme mit Wildtieren, die in Vorgärten und auf Friedhöfen wüten, sind in der Region keine Seltenheit. In Waldrach haben sich zuletzt im Winter 2011 Anwohner des Neubaugebiets Goldkäulchen über massive Schäden beschwert, die Wildschweine und Rehe in ihren Gärten anrichteten. In Fell (Verbandsgemeinde Schweich) gab es ähnliche Probleme. Die Kreisverwaltung Trier-Saarburg als untere Jagdbehörde erhöhte damals die mit den Jagdpächtern vereinbarten Abschusszahlen. Im August 2012 haben Wildschweine wiederholt den Rioler Friedhof verwüstet. Um sie fernzuhalten, wurde über den Bau eines 50 Zentimeter hohen Zauns diskutiert, finanziert von Ortsgemeinde und Jagdpächter. Der Plan scheiterte bisher an den hohen Kosten von rund 50 000 Euro. Klagen über Wildschäden gab es zuletzt auch von Winzern in Riol und Fell. Wildschweine fressen dort regelmäßig reife Trauben von den Rebstöcken und wühlen den Boden auf, was laut Winzern zu teilweise erheblichen finanziellen Einbußen führt. cweb

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