Neue Chance für Traditions-Unternehmen

TRIER. Das Traditionsunternehmen besteht fort: Im Amtsgericht Trier fiel gestern die Entscheidung über die Zukunft des Modehauses Marx. Mit deutlicher Mehrheit haben die Gläubiger den Insolvenzplan angenommen.

 Auf den Verkauf unter einem Dach setzt Marx-Chefin Karin Kaltenkirchen.Foto: Hans Krämer

Auf den Verkauf unter einem Dach setzt Marx-Chefin Karin Kaltenkirchen.Foto: Hans Krämer

Mitbelegter Stimme reagierte Marx-Geschäftsführerin KarinKaltenkirchen gestern auf den Anruf des TrierischenVolksfreunds . "Ich kann das noch gar nicht fassen. EinGefühl der Erleichterung hat sich bislang nicht eingestellt, weiles mir unendlich Leid tut, dass es so weit kommen musste." Eine ihrer schwersten Stunden als Unternehmerin erlebte die 33-Jährige gestern Morgen im Trierer Amtsgericht. Dort entschieden die 134 Gläubiger darüber, ob sie den vor sechs Wochen vorgelegten Insolvenzplan akzeptieren oder nicht.

97 Prozent dafür

15 Gläubiger waren zu dem Termin erschienen, die Übrigen hatten ihren Entschluss durch Vollmachten verbriefen und mitteilen lassen.

Nachdem Insolvenzverwalter Hermann Schmitt noch einmal auf den Inhalt des unzählige Seiten füllenden "Zahlenfriedhofs" (Schmitt) eingegangen war und zusammengefasst hatte, wie die Sanierung des Unternehmens vorgesehen ist, stand der wesentliche Tagespunkt an: Die Entscheidung jedes einzelnen Gläubigers zum Insolvenzplan wurde in der Versammlung mitgeteilt. Lediglich zwei Gläubiger lehnten den Insolvenzplan ab. Somit stimmten 97 Prozent "nach Köpfen", wie es in der Fachsprache heißt, und 73 Prozent nach Forderungen, zu.

"Noch etwa sechs Wochen wird es dauern, bis das Insolvenzverfahren formaljuristisch aufgehoben wird, dann beginnt die Sanierung", erläutert Schmitt gegenüber dem TV . Mit der Akzeptanz dieses Plans verzichten die Gläubiger auf 90 Prozent ihrer Forderungen. Zehn Prozent muss das ins Trudeln geratene Unternehmen innerhalb eines Monats nach Bestätigung des Ergebnisses durch das Amtsgericht zahlen.

Vier Betriebe aus der Region seien involviert, die übrigen Lieferanten und Krankenkassen stammten nicht von hier. Schmitt betont, dass kein Betrieb durch die Marx-Insolvenz in eine Existenzkrise geraten sei. Die Stimmung während der Gläubigerversammlung beschreibt der Jurist als nicht feindselig. Im Gegenteil: "Das Wort Solidarität ist vielleicht etwas zu stark, aber so etwas Ähnliches war tatsächlich zu spüren."

Schmitt ist "überglücklich" über den Ausgang des Verfahrens. "Mir ging es in erster Linie um die Leute. Hätte Marx schließen müssen, wäre von den rund 70 Angestellten kein einziger bei den Mitbewerbern untergekommen. Diese Arbeitsplätze haben wir retten können." Marx-Chefin Kaltenkirchen ist "natürlich ein Stein vom Herzen gefallen, dass wir weitermachen können. Zudem bin ich sehr froh, dass uns die Lieferanten seit dem Insolvenzantrag im Juni 2002 die Stange gehalten haben. Sonst hätten wir gleich zumachen können." Glücklich fühlt sie sich dennoch nicht: "In unserer langjährigen Geschichte waren wir es nicht gewohnt, dass jemand sein Geld nicht bekommen hat. Das ist und bleibt ein ungutes Gefühl."

Entgegen der mancherorts geäußerten Ansicht, der Umbau habe dem Unternehmen das Genick gebrochen, erklärt die Unternehmerin: "Wir haben den Neubau im August 2001 eröffnet, und unsere Verkaufszahlen bis Ende 2001 lagen über Plan." Die Euro-Einführung und eine damit verbundene starke Kaufzurückhaltung habe die Zahlen in den Keller fallen lassen.

Arbeitsplätze erhalten

Gleichwohl sieht sie der Zukunft verhalten optimistisch entgegen. Nachdem die Filialen in Mainz und Bingen mit je 15 und 16 Mitarbeitern bereits Ende 2002 geschlossen haben und die gesamte Trierer Herrenkollektion Mitte Februar in den Neubau integriert wurde, ist Besserung in Sicht. "Der Umzug der Herrenmode war die große Unbekannte. Inzwischen sehen wir, dass das sehr gut angenommen wird. Die Kunden sind froh, nun alles unter einem Dach zu finden." In Trier mussten neun Teilzeitkräfte Ende vergangenen Jahres das Haus verlassen.

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