Neue Ideen für mehr Toleranz: Verbandsgemeinde Schweich steigt in Bundesprogramm "Demokratie leben!" ein

Schweich · Anderen Menschen vorurteilsfrei begegnen - das will "Demokratie leben!". Es ist ein Förderprojekt des Bundes und läuft in der Verbandsgemeinde Schweich und weiteren 200 Orten in Deutschland. Bis 2019 fließen 300 000 Euro aus Berlin an die Mosel. Zum Auftakt gibt es eine Demokratiekonferenz und Jugendforen.

 Lorenz Müller. Foto: privat

Lorenz Müller. Foto: privat

Foto: christian moeris (cmo) ("TV-Upload moeris"

Schweich. "Demokratie leben!" ist eine Antwort auf die wachsende Feindseligkeit im Land gegenüber Migranten und Muslimen. Das Programm soll Repräsentanten aus Vereinen, Verbänden, Kirchen und bürgerschaftlich tätigen Organisationen in die Lage versetzen, "eine auf die konkrete Situation vor Ort abgestimmte Strategie zu entwickeln".

Es ist ein Langzeitprojekt, für das die Verbandsgemeinde Schweich - neben mehr als 200 anderen Kommunen im Land, darunter Trier, Konz und Saarburg - den Zuschlag erhalten hat. Bis 2019 überweist Berlin 300 000 Euro an die VG Schweich - ein stolzer Betrag.Muntere Ausschusssitzung


Voraussetzung ist, dass die Verwaltung eine halbe Personalstelle schafft, die die Aktivitäten abwickelt und den Verlauf für die Berliner Geldgeber dokumentiert. Wie und wofür das Geld ausgegeben wird, darüber entscheidet der Begleitausschuss. Er ist mehrheitlich aus Menschen der Zivilgesellschaft besetzt; Ortsbürgermeister, Ratsmitglieder oder Vertreter staatlicher Institutionen sind in der Minderheit.
Am Donnerstag hat sich der Begleitausschuss konstituiert. "Es war eine muntere Sitzung, die Leute haben nur so vor Ideen gesprudelt", freut sich die Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Schweich, Christiane Horsch. Der Begleitausschuss (siehe "Stimmen") setzt Themenschwerpunkte, ruft zum Einbringen von Ideen auf und entscheidet, welche Projekte umgesetzt werden.

Projektideen fürs laufende Jahr können noch bis zum 4. November eingereicht werden. Bis Jahresende stehen noch 10 000 Euro zur Verfügung. Eigentlich seien es 30 000 Euro gewesen, berichtet Bürgermeisterin Horsch, doch 20 000 Euro habe man zurückgeben müssen, weil die Zeit bis Jahresende zu knapp sei, um sie sinnvoll einzusetzen. Und "irgendwelchen Blödsinn" wolle man ja nicht anschaffen. Schließlich handele es sich um Steuergeld, so die Verwaltungschefin.

Weitere 5000 Euro stehen in einem Jugendfonds bereit. Jugendgruppen können beispielsweise über den Verein Jugendarbeit in Schweich Anträge stellen. Der Fantasie bei Aktionen, Veranstaltungen und Projekten sind keine Grenzen gesetzt (siehe Hintergrund).
Über die Förderung entscheidet der Begleitausschuss in seiner Sitzung am Dienstag, 8. November. Am 24. Oktober und 14. November finden Jugendforen statt, die von Jugendlichen selbst organisiert und geleitet werden. Zu einer "Demokratiekonferenz" sind Interessierte für Donnerstag, 27. Oktober, ins Bürgerzentrum nach Schweich eingeladen.

Projekte und Einzelmaßnahmen müssen zu den grundsätzlichen Zielen des Programms passen. Ansonsten seien der Kreativität keine Grenzen gesetzt, sagt "Coach" Beate Stoff.
Das könnten Qualifizierungsprojekte und Schulungen sein, kulturelle Veranstaltungen, Ausstellungen, Schulprojekte oder Workshops. Themenfelder können sein: Sensibilisierung in Bezug auf rechtsextreme, antisemitische, rassistische oder sexistische Aktivitäten, Förderung des Zusammenlebens aller Kulturen und Religionen sowie Aktivitäten gegen die Diskriminierung von Asylbewerbern, Behinderten sowie Schwulen und Lesben. Anträge können nur über Vereine gestellt werden. Wenn Privatpersonen Projektideen einbringen möchten, können sie sich an örtliche Vereine beziehungsweise den Malteser-Hilfsdienst oder das DRK wenden. Das Rote Kreuz ist Träger der Koordinierungs- und Fachstelle.

Nähere Informationen zum Bundesprogramm oder dem Antragsverfahren erteilen Projektleiter Dirk Marmann (Telefon 06502/5066-460 oder die Koordinierungs- und Fachstelle unter info@demokratie-schweich.deExtra

Lorenz Müller, 58, Föhren, Diplom-Pädagoge: "Ich wünsche mir, dass dieses Bündnis dazu beiträgt, demokratiefeindliche Dinge wie Fremdenfeindlichkeit und den wachsenden Rechtspopulismus abzubauen und für weltoffene Gemeinden einzutreten. Gerne auch mit konkreten Dingen wie etwa einem Zivilcouragetraining. Wir überlegen gemeinsam, wie Integration besser gelingt. Ich wünsche mir Aktivitäten, die die Menschen mitnehmen. Stefan Henn, 27, Schweich, Politikwissenschaftler, Vorsitzender Jugendarbeit in Schweich e.V.: "Wir von Jugendarbeit in Schweich freuen uns, bei ‚Demokratie leben!' dabei sein zu dürfen. Die Werte der Demokratie kennen- und verstehen lernen und auch kritisch zu hinterfragen, sind für uns die Grundlagen, um Kinder und Jugendliche auf ihrem Weg zu aktiven, demokratischen Bürgern zu begleiten. Die Stärke von Demokratie leben! in der VG Schweich ist die Vielfalt der Projektpartner und Gruppen vor Ort, so dass wir uns auf kreative, bunte und spannende Aktionen freuen dürfen." Andreas Flämig, 54, Welschbillig, Ehrenamtsberater Caritasverband Trier: "Unsere Gesellschaft entwickelt sich zur Zeit von einer Willkommensgesellschaft (2015) hin zu einer Angstgesellschaft. Meine Mitarbeit im Begleitausschuss sehe ich als Aufgabe und Chance, dafür zu werben , Flüchtlinge, genau wie Menschen mit Beeinträchtigung, Senioren oder andere, die am Rande unserer Gesellschaft stehen oder sich dort wahrnehmen, wieder in den Blickpunkt Gemeinwesen orientierter Arbeit zu nehmen und Ängste abzubauen. Hoffentlich nutzen viele VG-Bewohner die Chance, sich aktiv für mehr Demokratie und Toleranz einzusetzen. alfExtra

 Stefan Henn. Foto: privat

Stefan Henn. Foto: privat

Foto: Holger Teusch (teu) ("TV-Upload Teusch"
 Andreas Flämig. Foto: privat

Andreas Flämig. Foto: privat

Foto: (e_lalu +S)

In Konz und Saarburg haben Jugendliche bereits Erfahrung mit Demokratie leben! gesammelt. Das Jugendforum Konz hat 2016 die Demo "Konz steht auf" und einen Grafittiworkshop "Konz viele Farben einer Stadt" veranstaltet. Geplant sind ein Besuch der Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Hermeskeil und eine Planungs- und Ideenwerkstatt. In Saarburg haben Jugendliche zusammen mit jungen Flüchtlingen ein Fußballturnier organisiert, sie haben ein Filmprojekt umgesetzt und eine mobile Fahrradwerkstatt gegründet. alf

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