Neue Stühle für den Stadtrat

Trier · Die Fete im alten Rathaussaal an Weiberdonnerstag gilt als Geheimtipp. Rein kommen nur Verwaltungsmitarbeiter und wer das Glück hat, jemanden zu kennen, der jemanden kennt … Auch bei öffentlichen Stadtratssitzungen reicht der Platz oft nicht für alle Gäste. Mit einer neuen Bestuhlung soll sich das bald ändern.

Trier. Zum letzten Mal wird heute wohl im altehrwürdigen Rathaussaal geschunkelt und getanzt und sich betrunken. Die seit Jahrzehnten beliebte Weiberfastnachtsfete findet im nächsten Jahr nicht mehr statt. Denn der Saal, eine ehemalige Kirche, wird mit neuen Tischen und Stühlen für die Sitzungen des Stadtrats und der städtischen Ausschüsse ausgestattet. Anders als bisher können die Möbel für besondere Veranstaltungen nicht mehr weggeräumt werden, sondern bleiben fest installiert.
In seiner jüngsten Sitzung am Dienstagabend hat der Stadtrat die Neuausstattung einstimmig beschlossen. Bislang tagt der Rat, nach Fraktionen aufgeteilt, in zwei gegenüberliegenden Sitzblöcken. Die neuen Möbel werden in einem Halbrund angeordnet - wie in den Plenarsälen des Bundes- oder des Landtags. Die genaue Sitzordnung für das Trie rer Stadtparlament steht noch nicht fest. Die bisherigen Entwürfe sehen allerdings vor, dass die beiden größten Fraktionen - CDU und SPD - in der Mitte des Halbkreises nebeneinander rücken.
In Berlin und Mainz dagegen sitzen die Grünen wie ein kleiner Keil zwischen Schwarz und Rot. "Wir würden daher auch in Trier gerne in der Mitte sitzen", sagt ein grünes Fraktionsmitglied. Bevor man da allerdings einen Streit vom Zaun breche, müsse man die Beratungen der Fraktionen über die Sitzverteilung abwarten, die erst Mitte Februar geführt werden sollen. In den bisherigen Entwürfen ist vorgesehen, dass die Grünen neben der SPD platziert werden, daneben Linke und Piraten, die mit Darja Hensler nur ein Mitglied im Rat haben. Neben der CDU soll es auf der anderen Seite weitergehen mit FWG, FDP und AfD. In welcher Reihenfolge die je zweiköpfigen Fraktionen FDP und AfD dabei Platz finden, ist ebenfalls noch nicht fix.
Das nach hinten ansteigende Halbrund wird mit seiner offenen, vorderen Seite zur rechten Längswand des Saals ausgerichtet. Dem Plenum gegenüber sitzt künftig der Stadtvorstand. Durch die Neuanordnung wird mehr Platz für Besucher der öffentlichen Sitzungen geschaffen. "Wir haben bisher nur sehr, sehr wenige Plätze für Zuhörer", bedauerte Oberbürgermeister Wolfram Leibe in der Stadtratssitzung am Dienstagabend. Aus den bis dato rund 20 Zuschauerplätzen sollen mindestens dreimal so viele werden.
Nicht nur die rund 50 Jahre alten Tische und Bänke werden erneuert, sondern auch die Tonanlage. Mikrofone, Lautsprecher und Verstärkeranlage wurden 1991 angeschafft, technische Probleme sind bei Sitzungen an der Tagesordnung. "Die Techniker des Rathauses müssen die Ersatzteile mittlerweile auf dem Flohmarkt kaufen - eine neue Tonanlage ist also wirklich kein Luxus", sagt Petra Kewes, Fraktionsvorsitzende der Grünen.
Die neue Technik soll nicht nur für eine bessere akustische Verständlichkeit der Debattenbeiträge der Ratsmitglieder sorgen. Zur Anlage gehört auch eine Abstimmungsautomatik: Während bislang die Protokollanten der Sitzung die Ja-, Nein- oder Enthaltungsstimmen an den erhobenen Hände der Kommunalpolitiker abzählen mussten, werden die Stimmen künftig per Knopfdruck abgegeben und das Beschlussergebnis an größeren Elektroniktafeln transparent gemacht.Umbau in der Sommerpause


"Während sich der Rat bisher in zwei Blöcken konfrontativ gegenübersitzt, wird die neue Bestuhlung uns zusammenrücken und für mehr Gemeinschaftsgefühl sorgen - woraus eine verbesserte Debattenkultur entstehen kann", hofft Sven Teuber, Vorsitzender der SPD-Fraktion.
Installiert werden sollen Möbel und Technikanlage möglichst in der sitzungsfreien Sommerpause 2016. Die neuen Stühle und Tische sollen rund 72 000 Euro kosten, die neue Abstimmungs- und Konferenzanlage rund 175 000 Euro.
Die bislang nicht im Haushalt vorgesehenen Kosten werden gegenfinanziert aus Einsparungen und eingeplanten, aber nicht ausgegebenen Mitteln. So waren für die Sanierung der Feyener Grundschule für dieses Jahr 120 000 Euro eingeplant. Weil die Baumaßnahmen aufs nächste Jahr verschoben wurden, kann das Geld nun anders eingesetzt werden, ohne dass die Stadt ihren diesjährigen Kreditrahmen ausweiten muss.Extra

Nicht nur Feten wie an Weiberdonnerstag sind künftig wegen der fest installierten Möblierung nicht mehr möglich. Der Rathaussaal wird auch nicht mehr als Wahlbüro dienen können. Bislang konnten Briefwähler dort nicht nur schon Wochen vor der Wahl ihre Briefwahlunterlagen abholen, ausfüllen und abgeben. An Wahltagen selbst wurden die Briefwahlstimmen dort auch ausgezählt und die Urnen und Ergebnisunterlagen aus den übrigen Wahllokalen zusammengeführt. Empfänge, Ehrungen und auch die Einbürgerungszeremonien der Neu-Trie rer können allerdings weiterhin im Rathaussaal stattfinden. "Veranstaltungen bis 60 Leute können wir weiterhin dort veranstalten. Bei einer größeren Anzahl wird es allerdings schwierig - das war aber auch bislang schon so", sagt Presseamtschef Hans-Günther Lanfer. Wo künftig das Briefwahllokal eingerichtet wird und Stimmen ausgezählt werden, steht noch nicht fest. woc

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