Neue Therapie-Einrichtung für Sexualstraftäter

Um die Rückfallhäufigkeit von Sexualstraftätern zu reduzieren, wird in Rheinland-Pfalz ein neues therapeutisches Angebot für die Zeit nach ihrer Haftentlassung aufgebaut. In Trier gibt es jetzt eine "Psychotherapeutische Ambulanz im Auftrag der Justiz" (PAJu).

 Mit der Psychotherapeutischen Ambulanz im Auftrag der Justiz (PAJu) hat Trier einen von zwei Standorten landesweit belegt. TV-Foto: Gabriela Böhm

Mit der Psychotherapeutischen Ambulanz im Auftrag der Justiz (PAJu) hat Trier einen von zwei Standorten landesweit belegt. TV-Foto: Gabriela Böhm

Trier. Ein Mann, der vergewaltigt oder Kinder sexuell missbraucht hat: Wie können ein größtmöglicher Opferschutz erreicht und die Rückfallgefahr so weit wie möglich eingeschränkt werden?

Bundesweit entstehen jetzt spezielle psychotherapeutische Ambulanzen. In Trier ist das die "Psychotherapeutische Ambulanz im Auftrag der Justiz", kurz PAJu. Mit der psychologischen Psychotherapeutin Christine Delker dürfte Pro Familia die ideale Besetzung der Leitung von PAJu gelungen sein. Zwölf Jahre arbeitete sie als Anstaltspsychologin in der Justizvollzugsanstalt Trier und kooperierte mit dem Pro Familia-Projekt Contra häusliche Gewalt. Im Oktober führte sie erste Gespräche mit Gerichten, Bewährungshilfe oder Suchtberatung, um auf das PAJu-Angebot aufmerksam zu machen. Die Nachfrage sei sehr hoch, zehn Klienten seien schon angemeldet. Denn bislang habe ein adäquates Behandlungsangebot für Sexualstraftäter nach der Haftentlassung gefehlt. "Es wurde weder finanziert, noch war die Bereitschaft da, mit diesen Tätern zu arbeiten", sagt Delker. Wichtiger Baustein des neuen Therapieansatzes: Mit dem Abschluss eines Therapievertrages wird die Schweigepflicht von Delker gelockert.

Das dient dazu, Bewährungshilfe oder Gericht den Therapieverlauf zu melden, die beispielsweise bei drohendem Rückfall eingreifen sollen. Therapiebestandteil sind auch klare Absprachen: Sie können so aussehen, dass sich der Pädophile keine Lebensgefährtin mit Kindern nehmen oder auf dem Weg zur Arbeitsstelle Kindergärten und Spielplätze meiden soll. Das alles kann nur mit der Motivation des Täters realisiert werden.

Mindestens ein Jahr dauern die Therapien, mit denen Delker in diesen Tagen beginnen wird. In einer Praxis, deren Standort zur Vermeidung von Stigmatisierungen der Klienten bewußt anonym bleiben soll. Wenn die zweite Therapeutenstelle in der PAJu besetzt ist (Delker: "Idealerweise ein Mann"), rechnet man mit 20 bis 30 Patienten in der Aufbauphase. In Rheinland-Pfalz werden in Trier und Ludwigshafen derartige neue Beratungs- und Therapieangebote aufgebaut. Rheinland-Pfalz finanziert als einziges Bundesland das Nachsorgeangebot zu 100 Prozent, die Behandlung ist für Klienten kostenfrei. Nach wissenschaftlichen Studien sollen intensive psychotherapeutische Behandlungen die Rückfallquote von etwa 22 Prozent um die Hälfte reduzieren. Der Behandlungsbedarf nach Haftentlassung ist groß: Allein in der JVA Wittlich säßen etwa 40 Sexualstraftäter ein, sagt die Psychotherapeutin Christine Delker. Mit PAJu hat Pro Familia e.V., der Trägerin der Einrichtung ist, sein Beratungsangebot konsequent weiter ausgebaut. Die Einrichtung macht schon seit Jahren Täterarbeit als Opferschutz.

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