Neuer Blick auf Altbekanntes

Zwanzigsten Geburtstag feiert die Partnerschaft zwischen Trier und Fort Worth in Texas. Im Rahmen dessen zeigt eine Ausstellung in der Tufa Fotografien, die fünf texanische Künstler bei einem Besuch in Trier 2002 aufgenommen haben. Die Besonderheit: Es wurden Holga-Kameras verwendet, deren primitive Bauart verblüffende Effekte zulässt.

Trier. Eine Wand des Ungers-Kubus', deren Linien sich optisch neigen und auf Deckenkonstruktion und Architektur außerhalb weisen, ein Knabenporträt, dessen Umrisse eine Entsprechung in Rindenflecken einer Platane finden - solch ungewöhnliche, sehr atmosphärische Blicke auf Trier sind schwarz-weiß und auf Fotopapier gebannt derzeit in der Tufa zu bewundern. Ihre Originalität verdanken sie fünf renommierten Künstlern aus Texas und ihrer Wahrnehmung von Details, die Einheimische im Alltagsgeschäft kaum beachten würden. Darüber hinaus aber vor allem primitiver Technik. Denn Rachel Bounds, Nancy Lamb, Bob Powell, Amy Medina und Nicholas Wood haben mit Holga-Kameras fotografiert. "Es war ein Experiment mit einem neuen Medium, keiner von uns hatte einen Hintergrund in Fotografie", sagt Nicholas Wood, Kunstprofessor an der Universität von Arlington, der die Gruppe zur Ausstellungseröffnung vertritt. Kenntnisse sind zum Umgang mit Holga auch nicht vonnöten, denn die vom Gehäuse bis zur Linse aus Kunststoff gefertigte Billig-Kamera aus China hat mit einer Belichtungszeit, zwei Blenden- und vier Entfernungssymbolen nur wenige Einstellmöglichkeiten. "Sie weist alle Fehler auf, die herkömmliche Kameras zu korrigieren versuchen", bringt die Kuratorin der Ausstellung, Bärbel Schulte, das Wesen der Holga auf den Punkt. "Gerade deshalb wird sie von Künstlern geliebt und hat Kultstatus", sagt Nicholas Wood. Sie erlaube Experimente: "Man kann ein Bild doppelt belichten, wenn man den Film nicht weiterspult oder durch nur teilweises Weiterspannen Bilder partiell überlagert." Reizvolle Zufälle, Verzerrung und Streulicht

Abgesehen von diesen bewusst einsetzbaren Mitteln bringe die Kamera durch ihre Schwächen reizvolle Zufallseffekte wie Verzerrungen, Unschärfen oder Streulichter ins Spiel. Als Beispiel zeigt Nicholas Wood eine Aufnahme vom Hauptmarkt, die durch starken Lichteinfall zum Rand hin völlig verschwimmt. Er selbst hat die nur bedingt kalkulierbaren Effekte als künstlerische Bereicherung einer Auseinandersetzung mit Architektur und Transparenz genutzt. Mit verblüffendem Ergebnis, wie der fast geisterhaften Überlagerung eines Seerosenteiches mit dem Metallgeländer einer Kaffeehaustreppe (humorvoller Titel: Café Lily). Andere, so Rachel Bounds, haben Menschen vor die Linse genommen und die Irritationen der Kamera zur Betonung des eigenen, teils überraschten Blicks von außen genutzt. "Unsere Stadt durch die Augen von Menschen zu sehen, die gleichzeitig Gäste, Künstler und Freunde sind, ist ein sehr schöner Aspekt", meint Oberbürgermeister Klaus Jensen dazu. Nicholas Wood wird die Freundschaft als Gast der Trierer Künstlerin Lilo Schaab, der Initiatorin der Ausstellung, noch ein paar Tage vor Ort pflegen. Geplant ist auch ein Besuch der Konstantin-Ausstellung: "Ich habe die Holga dabei...""Holga in Trier" ist im 1. Obergeschoss der Tufa bis zum 24. Juni zu sehen, Di., Mi., Fr., 14 -17 Uhr, Do. 17-20 Uhr, Sa., So. und Feiertag 11-15 Uhr.

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