Neuer Blick auf Trier ist in Arbeit

Trier/Braunschweig · Detailgetreue Stadtansichten aus der Vogelperspektive, filigran gezeichnet - das ist die Spezialität des Braunschweiger Bildkarten-Verlags Bollmann. Derzeit laufen die Vorbereitungen zu dem nach 1953, 1959, 1975, 1983 und 1991 sechsten Bollmann-Stadtplan der Trierer City. Erscheinen soll er im Herbst.

Trier/Braunschweig. Als eingefleischter Trierer kann man sich an einem alten Bollmann-Bildstadtplan nicht satt sehen. Zum Beispiel dem von 1959. Da entdeckt man zwischen Simeonstraße und Pferdemarkt ein ganzes Quartier, das schon längst nicht mehr existiert. Wo heute das Kaufhaus Karstadt und die Treviris-Passage stehen, pulsierte früher das Gesellschafts- und Vereinsleben. Man schwofte im Café Astoria, zechte in der Postkutsche, fieberte im Metropol mit seinen Leinwandidolen und feierte rauschende Bälle in der Treviris.
Mit Plänen auf Zeitreise



Schon beim nächsten Bollmann-Plan (1975) war alles anders. An der Sim war das Kaufhaus Neckermann entstanden und von der Treviris nur eine Ruine geblieben, die im 1983er Bollmann-Plan komplett von der Bildfläche verschwunden ist - der Bau der Treviris-Passage und eine Bus-Trasse hatten gerade begonnen. Ein Stadtplan als Dokument für Stadtentwicklung - das gibt es in dieser Form nur bei Bollmann. Verlagsgründer Heinrich Bollmann (1911-1971) zeichnete 1948 seine erste Bildkarte, eine Trümmerkarte seiner im Krieg zu 90 Prozent zerstörten Heimatstadt Braunschweig.
Diese völlig neue Form der bildlichen Darstellung einer Stadt war ein Renner. Bis heute sind im Familienbetrieb Bollmann mehr als 350 Bildpläne von 100 Städten in dem einzigartigen und urheberrechtlich geschützten Verfahren entstanden, darunter fünf von Trier. Nummer sechs ist gerade in der Mache, selbstverständlich nach bewährtem Vorgehensmuster.
"Der Plan wird nach drei Vorlagen - Gebäudegrundrisse sowie Luft- und Bodenaufnahmen - freihand gezeichnet", erläutert Rosemarie Osada, die das Marketing betreibt. Tausende Luftaufnahmen sollen in den nächsten Wochen per firmeneigener Cessna 170 B und Spezialkameras aus 800 Metern Höhe geschossen werden.
Vier Monate Bearbeitungszeit


Das einmotorige Flugzeug und ein Kamerawagen für die Bodenaufnahmen kommen seit 1958 zum Einsatz. Anfangs lief Heinrich Bollmann die Städte zu Fuß ab, um sie zu zeichnen. Für Amsterdam (1955) war er drei Monate lang unterwegs und arbeitete bis zu 16 Stunden pro Tag.
Der sechste Bollmann-Plan von Trier wird wie seine Vorgänger aus den Jahren 1953, 1959, 1975, 1983 und 1991 im Maßstab 1:3750 erscheinen. "Um die detailgetreuen Zeichnungen anzufertigen, brauchen wir rund drei bis vier Monate", schätzt Rosemarie Osada. Auf den Markt kommen soll der Plan im Spätherbst und als Faltausgabe (Bildplan, Stadtplan und Buchteil) in festem Kartonumschlag (Format 28 x 11 cm) 6,90 Euro und als Poster auf Büttenkarton zwölf Euro kosten.
Rosemarie Osadas Job ist es, "dafür zu sorgen, dass sich die Wirtschaft der Stadt im Plan widerspiegelt", sei es per dezenter Beschriftung oder Firmenlogo auf dem entsprechenden Gebäude.
Was in der jeweils aktuellen Ausgabe Werbung ist, das ist später ein Schlüssel zum Erschließen des Zeitdokuments - so zum Beispiel das "Kaufhaus Hägin" (Simeonstraße) im Plan von 1959: Das wurde vor 50 Jahren abgerissen und durch einen Kaufhof-Neubau ersetzt.
Der nächste Bollmann-Plan, immerhin der für Trier erste seit 22 Jahren, soll "fünf Jahre Gültigkeit haben".
Bis dahin dürfte sich das Zentrum von Deutschlands ältester Stadt an manchen Ecken wieder einmal verändert haben. Rosemarie Osada verfolgt die Diskussion darüber, ob ein ECE-Einkaufscenter nach Trier kommt, mit, wie sie sagt, "sehr großem Interesse".

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