Neuer Brandbrief: Heiligkreuz kämpft weiter

Trier · Ein Stadtteil hört nicht auf, entschlossen Widerstand zu leisten: Heiligkreuz hat die Mitglieder aller 19 Ortsbeiräte zu einer Konferenz eingeladen. Am Mittwochabend soll diese Runde analysieren, wie Rolle und Entscheidungsbefugnis der Ortsbeiräte in der Kommunalpolitik gestärkt werden können.

Trier. Ortsvorsteherin Elisabeth Ruschel klingt entschlossen, als sie TV-Informationen über einen Gipfel der Ortsbeiräte morgen Abend in Heiligkreuz bestätigt. "Wir werden weiter dafür kämpfen, dass die Position und das Mitspracherecht der Ortsbeiräte in Trier wieder auf die Tagesordnung kommen." Ruschel hält kurz inne. Als sie weiterspricht, trägt ihre Stimme auch Frust: "Der Ortsbeirat Heiligkreuz hat am vergangenen Freitag eine Antwort der Stadtverwaltung auf einen Antrag bekommen, den wir vor drei Jahren gestellt haben. Vor drei Jahren!" Der Antrag dreht sich um den Zebrastreifen am Herrenbrünnchen.
Es ist der zweite Versuch des Ortsbeirats Heiligkreuz, feste Strukturen in der Trierer Kommunalpolitik aufzubrechen. Der erste begann im Spätsommer 2012: Auch damals schickte der Ortsbeirat Heiligkreuz einen Brief an alle Trierer Ortsbeiräte (der TV berichtete mehrmals). Sein Inhalt war eindeutig: "Leider zeigte es sich in der Vergangenheit immer wieder, dass unsere Ideen im Stadtrat keine Beachtung erfahren", hatten Ortsvorsteherin Ruschel und alle Fraktionen des Ortsbeirats Heiligkreuz formuliert. Auch die Verwaltung sehe sich oft nicht in der Lage, Beschlüsse des Ortsbeirats "zeitnah oder überhaupt umzusetzen".
Mitte September lud Oberbürgermeister Klaus Jensen alle Ortsvorsteher zu einer außerordentlichen Besprechung ein und machte deutlich, was er von diesem Schreiben hielt. Diese "pauschale und undifferenzierte Kritik" trage das Rathaus nicht mit, meldete das Presseamt am Tag danach. Rainer Lehnart (SPD), Ortsvorsteher von Feyen-Weismark, stellte sich schützend vor die Verwaltung und betonte, die Zusammenarbeit mit ihr sei "überwiegend positiv".
"Es kam mir vor, als sitze ich auf einer Anklagebank", bewertete Christdemokratin Ruschel dieses Gespräch. "Das hat mich sehr getroffen." Dennoch macht sie weiter. Die Basis der Diskussion morgen Abend soll ein Forderungskatalog sein, den der Ortsbeirat Heiligkreuz erstellt hat. Hinweise und Beschlüsse der Ortsbeiräte sollen in die Beratungen in den Dezernatsausschüssen einfließen und damit auch zu einer festen Größe der Beschlüsse im Stadtrat werden.
Die Diskussion in Heiligkreuz ist nicht öffentlich, sie beginnt morgen Abend um 19 Uhr im Pfarrheim. "Wir haben viele Rückmeldungen von Mitgliedern mehrerer Ortsbeiräte erhalten, die unseren Vorstoß unterstützen und kommen wollen", sagt Elisabeth Ruschel. Die Verwaltung erfährt vom TV von der Versammlung. "Wir sind weder eingeladen noch informiert worden und können deshalb zum Thema nichts sagen", meldete Hans-Günther Lanfer vom Presseamt gestern Abend.Meinung

Am Ende der Nahrungskette
Die Ortsbeiräte kontrollieren ein winziges und immer kleiner werdendes Budget. Sie spielen eine untergeordnete Rolle im Entscheidungsprozess. Sie stehen, rabiat formuliert, am Ende der Nahrungskette. Und sie sind deshalb verständlicherweise mächtig frustriert. Heiligkreuz will eine Diskussion provozieren. Die Ortsbeiräte sollen in der Kommunalpolitik wieder mitspielen - das ist der Ansatz. Denkt man diesen weiter, landet man bei der Frage, ob wir denn überhaupt noch Ortsbeiräte brauchen und was diese bewirken können und sollen. Eine Frage, die natürlich keine Stadtverwaltung jemals offen stellen wird. Aber wenn die Ortsbeiräte weiterhin erwünscht sind, wenn Zeit, Energie und Engagement und hohe Kompetenz direkt vor Ort Gewicht haben sollen, müssen die Stadtteilgremien auf der Nahrungskette wieder nach oben rücken. Ein wichtiger erster Schritt ist die Erfüllung der Forderungen aus Heiligkreuz - denn sie sind völlig berechtigt. j.pistorius@volksfreund.de

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