Neuer Stadtrat: Liebesgrüße in (fast) alle Richtungen

Hinter den Kulissen der Stadtpolitik werden derzeit entscheidende Weichen für die nächsten fünf Jahre gestellt. Sechs Wochen vor der konstituierenden Sitzung des Stadtrats zeigt der TV die aktuellen Trends - vom "Ampel-Bündnis" bis zur Dezernenten-Wahl.

 Als neuer Wirtschaftsdezernent im Gespräch: FDP-Kreischef Thomas Egger. TV-Foto: Archiv

Als neuer Wirtschaftsdezernent im Gespräch: FDP-Kreischef Thomas Egger. TV-Foto: Archiv

Trier. (cus) Bündnis 90/Die Grünen wagten sich als Erste aus der Deckung. Die Partei strebt Verhandlungen mit SPD und FDP für einen "Politikwechsel" in Trier an (der TV berichtete). Die SPD signalisierte bereits Interesse an einem solchen "Ampel-Bündnis".

Die FDP will das Thema bei ihrem Parteitag am Freitag, 17. Juli, um 18.30 Uhr im Hotel Deutscher Hof zumindest ansprechen. Dabei geht es aber nur um die Frage, ob überhaupt solche Verhandlungen aufgenommen werden. "Wenn es dazu kommt und wenn die Gespräche später ein tragbares Ergebnis für uns bringen, dann könnte der Vorstand abschließend ein Votum abgeben", beschreibt FDP-Kreisvorsitzender Thomas Egger den Ablauf.

Dazu käme es wohl frühestens Mitte August. Vorstellbar sei ein Bündnis in denjenigen Sachfragen, die einvernehmlich zu regeln seien: "Die FDP muss jedenfalls weiterhin als eigenständige Kraft wahrnehmbar sein."

Zu Personalfragen schweigt Egger eisern - ihm werden Ambitionen als neuem Wirtschaftsdezernenten nachgesagt. Sofern es bei drei Dezernenten-Posten bliebe und CDU-Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani im Amt bliebe, wäre neben Neuling Egger nur noch ein Posten neu zu besetzen. Das hieße: Die möglichen Bündnis-Partner SPD und Grüne müssten sich einigen.

UBM-Vorsitzender Hermann Kleber will den Vorschlag von Oberbürgermeister Klaus Jensen zum Neuzuschnitt der Dezernate abwarten und diskutieren. Danach sollen die Ämter öffentlich ausgeschrieben werden. "Wir beanspruchen keine Dezernenten-Stelle und beobachten das ganz entspannt", sagt Kleber. Die UBM habe schon 2001 vorgeschlagen, die Kultur aus dem Schuldezernat zu lösen: "Künftig sollte ein Fachmann aus der Kulturbranche außertariflich angestellt werden statt einen Kulturdezernenten-Posten politisch zu besetzen." Die UBM habe bislang mit Grünen, SPD, CDU und dem OB gesprochen. "Angesichts der großen Herausforderungen bei geringem finanziellen Spielraum geht es um möglichst große Mehrheiten", stellt Kleber fest.

Unterdessen hat der CDU-Kreisverband den anderen Fraktionen (außer Linken und NPD) weitere Gespräche angeboten. Kreisvorsitzender Bernhard Kaster: "Zuerst müssen die inhaltlichen Fragen geklärt werden. An zweiter Stelle folgen Fragen politischer Mehrheiten beziehungsweise Repräsentanz der Parteien und Gruppierungen; an dritter Stelle Personalfragen nach Ausschreibungen." Das Wirtschaftsressort, das Jensen derzeit mitbetreut, solle zum Schwerpunkt eines Dezernats gemacht werden, fordert die CDU. Mit der erstmals im Rat vertretenen Fraktion "Die Linke" haben bisher nur die Grünen gesprochen (siehe Extra).

Meinung

Hauptdarsteller als Zuschauer

Das Ergebnis der Stadtratswahl fiel für CDU und UBM enttäuschend aus. Was das für die neue Machtverteilung konkret bedeutet, wird aber erst langsam deutlich. Der CDU als immer noch stärkster Fraktion drohen die Fäden aus der Hand zu gleiten. Da hilft auch kein freundliches Winken und Brücken-Bauen. Dem bisherigen Hauptdarsteller bleibt derzeit nur die Rolle als Zuschauer bei einem Stück, dessen Regisseure schon bisher auf der gegenüberliegenden Seite des Ratssaals saßen. Der Unterschied zum alten Stadtrat: Die Fraktionen von SPD, Grünen und FPD sind gewachsen und könnten die neue Machtoption (29 von 56 Sitzen) nutzen, um gemeinsame Sache zu machen. Ein solches Bündnis hätte die Linke noch in der Hinterhand, um etwa bei Fällen von Stimmenthaltung der FDP die nötige Mehrheit zu schaffen. Nicht zu vergessen die UBM, die sich nach dem Abschied von Manfred Maximini mehr denn je den Sachthemen und damit der Einzelfall-Entscheidung verschrieben hat. Die FDP als Zünglein an der Waage muss klären, wie weit sie sich inhaltlich strecken will, um mitregieren und vielleicht sogar selbst einen Dezernenten stellen zu können. m.hormes@volksfreund.deEXTRA Neu im Rat: Mit dem einzigen NPD-Vertreter Safet Babic will bisher keine Fraktion zusammenarbeiten. "Die Linke" genießt mit zwei Sitzen Fraktionsstatus. "Auf Einladung der Grünen haben wir mit ihnen gesprochen. Die anderen Fraktionen halten es offenbar nicht für nötig, mit uns Kontakt aufzunehmen", sagt Linke-Kreisvorsitzender Johannes Verbeek. Dabei könne die Fraktion eine wichtige Rolle als "Reserve" spielen, etwa falls die FDP bei bestimmten Sachfragen aus einem Ampel-Bündnis ausschere. Einen FDP-Wirtschaftsdezernenten werde die Linke kaum mittragen, "selbst wenn Thomas Egger ein lieber Mensch ist". CDU-Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani habe keine Berührungsängste, sondern die Linke ganz normal zur Vorab-Besprechung des Bauausschusses eingeladen. (cus)

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