Neustart im Avelertal

Trier-Kürenz · Die Zeiten staatlicher Subventionierung sind vorbei. Im Avelertal weht jetzt der Wind der Marktwirtschaft: Die Weinbaudomäne soll auf eigenen Beinen stehen. Heute stellt sie sich mit einem Tag der offenen Tür dem Publikum vor.

Trier-Kürenz. Wenn am heutigen Samstag Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken (Grüne) und Triers Weinkönigin Anna Gette die neue Kelteranlage in Betrieb nehmen, dann ist das eine Premiere von hohem Symbolwert. Es ist nicht nur der Startschuss für die frisch installierte neue Betriebstechnik der Domäne Avelsbach, sondern auch "ein Zeichen dafür, dass wir uns als Teil der Weinstadt Trier und in einer Reihe mit den anderen Weingütern sehen", betont Domänenchefin Ingrid Steiner (49). Die Stadt-Weinkönigin in offizieller Mission im Avelertal - das ist so neu wie die künftige Ausrichtung der Domäne Avelsbach: Das einstige Musterweingut ist nun ein "normaler" Wirtschaftsbetrieb, der einzige seiner Art in Rheinland-Pfalz. Ein Pilotprojekt als Ausweg aus der drohenden Schließung. Lange wollte Mainz die Domäne verkaufen. Das hätte das Ende aller Weinbauaktivitäten des Landes in der Weinstadt Trier bedeutet. 2007 räumte Wirtschaftsminister Hendrik Hering ein, man habe "die emotionale Bedeutung der Domäne für Trier unterschätzt" und sicherte zu, das Aushängeschild in öffentlicher Trägerschaft zu erhalten. Bedingung: Die Domäne muss sich als Wirtschaftsbetrieb selbst tragen.
"Eine schwere Aufgabe, aber wir haben gewaltiges Potenzial", sagt Ingrid Steiner, die Kellermeisterin und ausgebildete Betriebswirtin ist. Eine ihrer drastischsten Maßnahmen sei auf "ermutigend wenig Widerstand gestoßen": Die Preiserhöhung ab dem 2010er Jahrgang - z.B. für die Literflasche Riesling von 4,30 auf 6,90 Euro - "haben uns die Kunden nicht verübelt". Die Mitbewerber erst recht nicht. Ihnen war der subventionierte und dazu mit Auszeichnungen überhäufte Preiswert-Wein aus dem vinologischen Paralleluniversum ein Dorn im Auge. "Willkommen in unseren Reihen", sagt etwa der Olewiger Winzer Peter Terges (58), der die Domäne als "enorm wichtiges Aushängeschild für die Weinregion" bezeichnet.
Terges zählt zu den 200 Winzern und Weingutsbesitzern, die zum heutigen Tag der offenen Tür (10 bis 17 Uhr) eine persönliche Einladung erhalten haben. "Wir möchten uns aber gerne allen Interessierten vorstellen", sagt Ingrid Steiner. Die Besucher bekommen neben Wein und Sekt Baustellencharme geboten. Der Kellereineubau ist fertig, noch nicht ganz hingegen aber die Räumlichkeiten, in denen die Domäne künftig ein "Rundum-Wohlfühl-Paket" bieten möchte: Proben, Seminare, Saison-Aktionen (Lesefest), Kulturveranstaltungen. Auch private Feste im historischen Ambiente sollen ab 2012 möglich sein.
Weiteres Zeichen für den Neustart sind Geschäftszeiten ohne Mittagspausenschließung. Wein kaufen kann man nun auch samstags. Aber nicht mehr in der Deworastraße. Der City-Standort wurde vor drei Wochen aufgelöst. Die neue Domäne spielt sich ausschließlich im Avelertal ab. Die neue Domäne ist hervorgegangen aus dem 1896 gegründeten preußischen Musterbetrieb, der fortschrittliche Methoden in Weinbau und Kellerwirtschaft entwickelte. Der Versuchsbetrieb lebt im Steillagenzentrum in Bernkastel-Kues fort. Der denkmalgeschützte Domänenkomplex im Avelertal beherbergt nun einen Wirtschaftsbetrieb des Landes, der sich selbst tragen soll. Zur Domäne gehören 30 Hektar Rebflächen in Kürenz (Avelsbacher Hammerstein) und am Petrisberg (z.B. St. Maximiner Kreuzberg, Deutschherrenköpfchen). Angebaut wird überwiegend Riesling. Die Jahresproduktion liegt bei rund 230 000 Flaschen. rm.

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