Nicht alles Gute kommt von oben

TRIER. Alles Gute kommt von oben? Von wegen! Seit einigen Tagen bröckeln Putz-Stücke aus Fensterlaibungen im Dom-Inneren. Eine gestern gestartete Untersuchung mit Spezialgerät soll Aufschluss über das Ausmaß der Schäden geben. "Wir werden wohl um eine Putz-Sanierung nicht umhin kommen", vermutet Architekt Karl Feils.

Tausende Menschen besuchen täglich die älteste Bischofskirche nördlich der Alpen. Diesmal bietet sich ihnen ein völlig unerwartetes Bild: Ein "Teupen Leo 30" versperrt den Weg im südlichen Seitenschiff. Die fahrbare High-Tech-Arbeitsbühne hat Architekt Karl Feils (39) im Auftrag des Domkapitels bei der Luxemburger Spezialfirma "Baulift" angefordert: "Damit können wir uns den neuralgischen Punkt aus nächster Nähe anschauen."Brisanter Mix aus Spannung und Dynamik

Der befindet sich rund 16 Meter über dem Fußboden in der Laibung des Fensters rechts über dem Tympano-Portal, dem Durchgang zur benachbarten Liebfrauenkirche. Hier treffen der Greiffenklau-Turm (der um 1515 aufgestockte höchste der Dom-Türme) und das Seitenschiff aufeinander. "Das sind völlig unterschiedliche Bauteile mit einer jeweils eigenen Spannung. Und dann kommt noch die Dynamik des Glockengeläuts dazu - eine brisante Mischung", erläutert Feils. Im konkreten Fall führt das zum Eindringen von Wasser ins mittelalterliche Gemäuer und schließlich zum Herabfallen von Putzstücken. "Leo 30" hilft dem Architekten dabei, eine genaue Diagnose zu erstellen. Bereits in aller Herrgottsfrühe hat "Baulift"-Betriebsleiter Manfred Müller (41) mit Kollegen das 120 000 Euro teure Spezialgefährt, von dem es weit und breit nur zwei Exemplare gibt, aus dem 40 Kilometer entfernten luxemburgischen Munsbach nach Trier gebracht. Im Dom-Inneren kann es all seine Vorzüge zur Geltung bringen: Das Fahrwerk mit abriebfreien Gummiketten schont den Boden der Kathedrale, vier Stützen verteilen die 4,2 Tonnen Gewicht optimal und sorgen gleichzeitig für Stabilität. Die Arbeitsbühne lässt sich - der Name verrät es bereits - bis auf 30 Meter Höhe ausfahren; dennoch kommt "Leo 30" in "zusammen gepacktem" Zustand durch jede Tür, die zwei Meter hoch und 1,60 Meter breit ist.Im Kern fast 1700 Jahre alt

Architekt Feils nutzt die Anwesenheit von "Leo 30" (Mietkosten pro Tag: 500 Euro) ganz ökonomisch aus und inspiziert am Dienstag noch zwei Dutzend weiterer Fenster im Dom. Erstes Fazit der Untersuchungen: "Wir werden an einigen Stellen nicht um eine Putzsanierung umhin kommen." Die soll allerdings nicht mehr in diesem Jahr erfolgen. Feils: "In der Fremdenverkehrs-Hochsaison oder in der Weihnachtszeit wollen wir das Dom-Innere nicht mit Baugerüsten verstellen." Also werden die Bauleute voraussichtlich im Januar oder Februar anrücken und binnen weniger Wochen ihren Auftrag erledigen. Wenn während der Konstantin-Ausstellung (2. Juni bis 4. November 2007) voraussichtlich noch mehr Besucher als ohnehin in den Dom strömen, soll wieder alles in bester Ordnung sein. Über die Höhe der entstehenden Kosten vermag Feils noch nichts zu sagen. Es handele sich aber nicht um überraschende Sonderausgaben. "Nein. Das fällt unter normale Bauunterhaltungskosten. Mit solchen Schäden muss man bei alten Gotteshäusern immer rechnen und entsprechend planen." Und der Dom ist ein besonders altes Gotteshaus römischen Ursprungs. Der Kern stammt noch aus der Mitte des vierten Jahrhunderts, als das Christentum Staatsreligion geworden war. Seit der Spätantike wurde quer durch alle Epochen in und an der Trierer Bischofskirche gebaut. Seit 1986 gehört sie zum Unesco-Weltkulturerbe.

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