Niemand will mit der Stadt ins Bett

Trier · Immer dabei, dennoch dagegen: Auch die Industrie- und Handelskammer lehnt eine neue Beherbergungssteuer ab.

Trier Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier lehnt die geplante Beherbergungssteuer der Stadt Trier ab, die von jedem privaten Besucher ab 2018 zusätzlich 3,5 Prozent seines Übernachtungspreises kassieren will (der TV berichtete). Der Stadtrat wird heute über diesen Plan abstimmen.
"Das ist für uns im Ergebnis keine zufriedenstellende Lösung", sagt IHK-Geschäftsführer Albrecht Ehses. Die geplante Steuer sei nicht zweckgebunden und fließe in den allgemeinen Haushalt der Stadt Trier ein. "Daher ist nicht garantiert, dass die Einnahmen aus der Steuer auch dauerhaft dort ankommen, wo sie hingehören, und zwar im Tourismus."
An diesem Punkt der Diskussion lohnt es sich, kurz innezuhalten und die Uhr ein paar Tage zurückzudrehen. Stadt-Sprecher Michael Schmitz hatte die geplante Einführung einer Bettensteuer von 3,5 Prozent am 15. September in einer Mitteilung vorgestellt. Darin hieß es wörtlich: "Die Erarbeitung der Satzung wurde von Anfang an eng abgestimmt mit Vertretern der Trie rer Beherbergungsbetriebe, des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Rheinland-Pfalz sowie der Industrie und Handelskammer."
Doch wer diese Mitteilung so verstanden habe, dass die IHK und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) die Bettensteuer mittragen, der irrt - das sagt Schmitz heute. "Das haben wir auch nie behauptet. Natürlich waren die Vertreter der IHK und des Dehoga nicht froh, aber sie haben sich konstruktiv beteiligt und keine der Sitzungen im Protest beendet."
Dafür protestieren beide Institutionen jetzt. Der Dehoga hat es bereits getan und sogar betont, Klagen seiner Mitglieder gegen die Bettensteuer zu unterstützen. Der Trierer Hotelier Artur Friedrich hat eine solche Klage angekündigt. Jetzt folgt die IHK. "Wenn die Stadt schon eine Abgabe einführen muss, um ihre tourismusbezogenen Ausgaben gegenüber der Kommunalaufsicht zu rechtfertigen, dann bitte gut durchdacht", sagt Ehses.
Aber die IHK war bei der Erarbeitung der neuen Bettensteuer doch mit im Boot? Das bestreitet Ehses nicht. "Allerdings haben wir gefordert, dass der bürokratische Aufwand so gering wie möglich gehalten werden soll." Die Kammer favorisiert einen Gästebeitrag anstelle einer neuen Steuer, "weil dieser dem Tourismus zweckgebunden zugutekommen müsste".
Die Stadtverwaltung hat kein Verständnis für die Haltung der IHK. "In fünf Arbeitsgruppensitzungen hatte die Stadt die Satzung bis ins Detail mit betroffenen Betrieben diskutiert", betont Pressesprecher Schmitz. "Von daher ist es wenig verständlich, wenn die IHK nun in ihrer Stellungnahme beklagt, die Abgabe sei nicht gut durchdacht. Schließlich hatte sie sich intensiv im Vorfeld an der Debatte beteiligt."
Auch Oberbürgermeister Wolfram Leibe schaltet sich ein. "Uns ist klar, dass die Betriebe nicht begeistert von der Einführung der Steuer sind. Aber letztlich zahlen ja nicht die Betriebe, sondern die Gäste einen im bundesweiten Vergleich niedrigen Prozentsatz pro Übernachtung."
Die Stadt habe hohe Ausgaben für den Tourismus und für die Attraktivität des Stadtbilds und der Grünanlagen. Leibe betont: "Wir glauben nicht, dass ein niedriger Euro-Betrag pro Übernachtung allen Ernstes Touristen von einem Besuch in Deutschlands ältester Stadt abhalten wird oder dass sie wegen ein bis zwei Euro pro Nacht lieber in Schweich, Konz oder Hermeskeil übernachten."
Die Stadt hält es für ein großes Entgegenkommen, dass die Betriebe in die Erstellung der Satzung von Anfang an eng eingebunden waren. "Es ist schließlich alles andere als selbstverständlich, dass die von einer Steuer Mitbetroffenen bei der Einführung mitreden dürfen", sagt Michael Schmitz. Viele Anregungen der Betriebe seien auch aufgenommen worden, darunter die prozentuale Besteuerung statt eines Festbetrags.
"Trier ist zwar die erste Stadt in Rheinland-Pfalz, die eine Beherbergungssteuer einführt, aber bei weitem nicht die erste oder einzige in Deutschland", betont Schmitz (siehe Info). Auf die rechtlich sicherste Variante, die städtischen Einnahmen zu erhöhen, habe die Stadt bisher bewusst verzichtet. "Das wäre nämlich eine Erhöhung der Gewerbesteuer."KommentarMeinung

Seine Gäste sollte man nicht ärgern
Dieser Start ging völlig daneben. Die Stadt hat die enge Abstimmung mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband und der Industrie- und Handelskammer ausdrücklich betont, als sie die Idee einer neuen Bettensteuer präsentiert hat. Damit hat das Rathaus bewusst den Eindruck erweckt, beide Institutionen tragen die Idee mit. Doch das tun sie nicht, wie sich jetzt herausstellt. Und sie sollten es auch nicht tun. Denn diese neue Steuer wird gerade diejenigen verärgern, denen Trier seinen Erfolg als Tourismusschwerpunkt verdankt: Sie wird die Betreiber der Hotels, Pensionen, Jugendherbergen, Motels, Campingplätze und sogar Schiffe in Erklärungsnot bringen. Schließlich müssen sie von ihren Kunden mehr Geld verlangen - und ihnen zusätzliche Bürokratie aufbürden. Und sie wird natürlich die Besucher selbst irritieren, die dazu gezwungen werden, die arme Stadt Trier zu unterstützen. j.pistorius@volksfreund.deExtra: BEHERBERGUNGSSTEUERN IN DEUTSCHLAND


Der Stadtrat Bernkastel-Kues hat vergangene Woche die Einführung eines Gästebeitrags von 1,50 Euro pro Übernachtung beschlossen. Wer nicht in Bernkastel-Kues wohnt und dort übernachtet, muss zahlen - es sei denn, er besucht Freunde und Familie. Auch Schüler, Studenten und Schwerbehinderte müssen nicht zahlen. Elf Städte in Deutschland fordern einen Aufschlag von fünf Prozent von ihren Übernachtungsgästen: Berlin, Bonn, Erfurt, Freiburg, Kleve, Köln, Königswinter, Potsdam, Rheinhausen, Schwerin und Wismar. Lüneburg will vier Prozent sehen, Münster 4,5 Prozent, Dresden 6,6 Prozent und Dortmund 7,5 Prozent. Elf weitere Städte verlangen Festbeträge, die in vielen Fällen gestaffelt sind. Bremen und Bremerhaven erwarten je nach Länge des Aufenthalts 1, 2 oder 3 Euro von ihren Gästen. Damp, Eisenach und Gera berechnen 1, 1,5 oder 2 Euro. In Hamburg reicht die Staffelung von 0,5 Euro bis 3 Euro, in Kirchheim von 1,1 Euro bis 1,5 Euro. Weimar will von seinen Gästen 0,75, 1, 1,5 oder 2 Euro sehen. Drei Städte erheben einheitlich feste Beträge: In Dahlem und Saalburg-Ebersdorf ist es jeweils ein Euro, in Flensburg 1,50 Euro. Frankfurt und Rüdesheim werden ab dem 1. Januar 2018 den Festbetrag von zwei Euro verlangen. Die Beherbergungssteuer bringt den großen Städten Millionenbeträge ein. Trier rechnet mit 700 000 Euro pro Jahr. Die Stadt könnte über diese Summe frei verfügen und sie auch ins Verkehrsnetz oder die Infrastruktur investieren.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort