Nur 50 Fans dürfen zu Dr. Motte

Trier · Techno-Urvater Dr. Motte wird heute im Club 11 in der Trierer Simeonstraße spielen. Hören dürfen ihn jedoch nur maximal 50 Fans. Mehr darf der Clubbetreiber, Multigastronom Matthias Sonnen, nicht hereinlassen.

Trier. Dr. Motte hautnah - das klingt gar nicht so schlecht, sondern eher positiv. Ganz dicht dran am Gründer der Love Parade vor 25 Jahren in Berlin (siehe Extra). Doch die Formulierung "hautnah" ist eine aus der Not geborene Idee: Der Club 11 in der Trierer Simeonstraße, in dem Dr. Motte am heutigen Samstag ab 23 Uhr spielen soll, darf zurzeit nur maximal 50 Besucher hereinlassen. Das besagt eine Verfügung der Stadtverwaltung.Bauantrag und Konzession


"Die Stadt begründet diese Auflage mit dem Argument, mehr als 50 Leute würden eine Gefahr für Leib und Leben bedeuten", sagt Matthias Sonnen, der seit Jahrzehnten in der Trierer Gastronomieszene aktiv ist und den Club 11 seit drei Jahren betreibt. "Das ist lächerlich. Wir hatten einen genehmigten Bauantrag und eine Konzession. Und wir haben alle Brandschutz- und Fluchtwegbestimmungen von Anfang an eingehalten. Niemand war bei uns jemals in Lebensgefahr."
Waren die Gäste, die den Club bei der Porta seit 2011 besucht haben, tatsächlich in latenter Lebensgefahr? Oft lag die Zahl der Besucher bei 200 oder darüber. Die Verwaltung kann ihre Sicht der Dinge am Freitag nicht erklären, denn das Trierer Rathaus ist wegen eines Betriebsausflugs leer und geschlossen.
Club-Betreiber Sonnen hält diese Auflage für "nichts anderes als eine pure Schikane" und fügt hinzu: "Das alles geht eindeutig gegen mich persönlich. Man will mich treffen, mich sogar ruinieren. Ich werde wohl Insolvenz anmelden."
Von Anfang an: Im Frühjahr 2011 wird in den Räumen des alten Gambrinuskellers der Club 11 in Steinwurfweite zur Porta Nigra eröffnet. Der kleine
Club wird Bestandteil der Trierer Partyszene, von einer möglichen Lebensgefahr ist keine Rede. "Wir haben die Konzession erhalten, alles war in Ordnung", betont Sonnen.
Die Auseinandersetzung um den Club 11 habe erst am Osterwochenende 2014 begonnen - mit einer Kontrolle des kommunalen Vollzugsdienstes, ob das Tanzverbot eingehalten wird. So stellt es Matthias Sonnen dar. "Danach ging es los. Ich erhielt einen Anruf. Der Club sei viel zu voll, das gehe so nicht." Nur noch 50 Leute dürften rein, habe das Rathaus verfügt. Sonnen: "Denn sonst bestehe eine Gefahr für Leib und Leben." Sonnen legt laut eigener Aussage Widerspruch ein, doch die Auflage bleibt bestehen.
Am 24. April öffnet der Club 11 deshalb erstmals nur 50 Besuchern die Tür. "Wir haben die Veranstaltung nach einer Stunde abgebrochen", schildert Sonnen. "Es war wirklich traurig und lächerlich." Die Kapazitätsgrenze, ab der der Club 11 einen Gewinn abwerfe, liege bei 150 Besuchern. Dr. Motte lohnt sich rechnerisch ab 200. "Wir haben schon viele gebuchte Künstler auf andere Trierer Clubs verteilt, aber in diesem Fall klappt das nicht", sagt Sonnen. Deshalb: Dr. Motte hautnah.
Der aktuelle Stand: Matthias Sonnen und sein Team haben einen neuen Bauantrag gestellt. "Meine Bitte, unsere maximale Besucherzahl während der mehrmonatigen Bearbeitungszeit des Bauantrags auf 150 zu erhöhen, wurde von der Stadt abgelehnt", sagt der Gastronom. "Mit der Beschränkung auf 50 sind Stimmung und Atmosphäre schwach, da kommt doch keiner mehr. Die Kosten laufen natürlich weiter. 15 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel, mir droht die Insolvenz. Ich werde diese in Kürze anmelden."
Ein ausführlicher Bericht über die Sichtweise und Argumentation der Stadtverwaltung, die gestern auf Sonnens Vorwürfe wegen des Betriebsausflugs nicht reagieren konnte, folgt in der kommenden Woche.Meinung

Genehmigt, aber dennoch lebensgefährlich?
Die Stadtverwaltung hat aus ihrer Sicht möglicherweise Gründe für die harten Auflagen gegen Matthias Sonnen und seinen Club 11. Eine endgültige Bewertung dieses Konflikts ist deshalb erst möglich, wenn das zuständige Baudezernat seine Argumente präsentiert. Dabei steht ein Widerspruch im Mittelpunkt: Wenn im Club 11 tatsächlich "eine Gefahr für Leib und Leben" bestehen soll, wenn dort mehr als 50 Besucher tanzen, dann muss man sich natürlich die Frage stellen, wer 2011 den lebensgefährlichen Bauantrag genehmigt hat und wieso diese Lebensgefahr offenbar drei Jahre lang keine Rolle gespielt hat. Eine derart radikale Beschränkung ist ein ungewöhnlich scharfes Eingreifen der Verwaltung. Bevor dieser Konflikt tatsächlich in einem Insolvenzantrag des Gastronomen endet, sollten die Verantwortlichen im Rathaus - bei allem Verständnis für die Notwendigkeit, Gesundheit und Leben der Clubbesucher zu schützen - mit Nachdruck versuchen, eine wirtschaftliche Katastrophe zu verhindern. Es kann nicht im Interesse der Stadt liegen, Schaden anzurichten, der hinterher nicht wieder gut zu machen ist. j.pistorius@volksfreund.deExtra

Matthias Roenigh (53) aus Berlin ist ein Musiker und DJ, der 1989 die erste Love Parade auf dem Kudamm veranstaltet hatte. Roenigh wurde unter seinem Künstlernamen Dr. Motte in den 1990ern zur Leitfigur der Love Parade, die sich vom skurrilen Umzug zum absoluten Massenevent auf den Straßen Berlins entwickelte. 2006 distanzierte sich der gelernte Betonbauer von der Veranstaltung, die nach dem tragischen Unglück 2010 in Duisburg endgültig beendet wurde. jp

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