Nur Natur war gestern

Der Herbst ist für mich eine spannende Zeit. Und das hat auch heute noch mit dem natürlichen Lauf der Dinge zu tun. Denn ähnlich wie die vielen Winzer an der Mosel frage ich mich dieser Tage: Wie wird mein Viez?



Nachdem der Ernte-Ertrag reichlich, der Apfelsaft süß und wie immer unvergleichlich mit Gekauftem wurde, bin ich bei meinem Apfel-Edel-Bräu etwas skeptischer. Als Verfechter der reinen Lehre und des Mottos "Natur, nichts als Natur" habe ich den frisch gepressten Saft bislang stets sich selbst im Gärfass überlassen. Die vergangenen Jahre habe ich es auch lieber unterlassen, das Fass zwecks Beschleunigung des Gärvorgangs ins warme Esszimmer zu stellen. Das regelmäßige "Ploppen" des Gär-Spunds sorgte zwar für eine angenehme Geräuschkulisse, morgens wusste man angesichts des leicht fauligen Geruchs aber nicht, ob man sich in einem Wohnraum oder einer Spelunke nach wilder Zecherei befindet. Seither - auch auf Wunsch meiner Frau - müssen die Bakterien mit den niedrigeren Temperaturen in der Garage klarkommen. Dauert zwar alles ein wenig länger, dafür bekommt man bei der täglichen Probe noch viel genauer mit, wie sich das Getränk vom süßen Most zum herben Viez wandelt.

Doch in diesem Jahr habe ich einen draufgesetzt: Turbo-Hefen, Nährsalze für die kleinen Tierchen und noch ein paar Pfund Zucker, damit sie auch was zu futtern beziehungsweise umzuwandeln haben. Ich denke: Das wird ein ganz edles Stöffchen!!!

Da wird vor allem mein Nachbar Ralf vor Neid erblassen mit seiner flachen Plörre. Pah! Einfach pressen, abfüllen, lieblos in den Keller stellen und abwarten: Was soll dabei schon rauskommen?

Ich in meiner Güte werde aber auch ihn - wenn es so weit ist - mal kosten lassen, um mir dann das verdiente Lob abzuholen. Vorher verrate ich aber niemandem, dass ich mit den Zwischenergebnissen meiner Braukunst noch nicht so ganz zufrieden bin. Aber letztlich zählt, was unten rauskommt. wil/jöl