Nur Prinzessinnen werden gefahren

Konz · Nichts geht mehr, heißt es kurz vor und nach dem Unterricht im Umfeld vieler Trierer Schulen. Dann sorgen sogenannte Elterntaxis schon mal für Chaos. Dabei sollten gerade Grundschüler den Schulweg zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen, raten Lehrer und Verwaltungen und initiieren verschiedene Aktionen.

Konz. Viele Wege führen zur Grundschule, auch zur St.-Nikolaus-Schule am Rand des Konzer Wohngebiets Berendsborn. Die meisten Kinder gehen zu Fuß dorthin. Manchmal aber, vor allem bei Regenwetter bricht das Chaos aus. Der Grund: sogenannte Elterntaxis. Zu viele Eltern bringen ihre Schützlinge mit dem Auto zur Schule und parken direkt am Schulhof, obwohl dort eine Halteverbotszone eingerichtet ist. Oft kommt es zu gefährlichen Situationen, weil die zu Fuß gehenden Kinder sich an der Blechlawine vorbeischieben müssen.
"Trotz eines großen Parkplatzes, der 100 Meter weiter am Ende der Straße liegt, herrscht dort morgens und mittags zu Schulanfang und -ende regelrechte Anarchie", schreibt Sandra Kubon-Ruf an den TV. Sie beobachte die Sitation immer, wenn sie ihre Tochter zum Kindergarten bringe. Die Schulleitung habe das Problem schon lange erkannt, sagt Schulleiter Gerhard Huber. In Zusammenarbeit mit dem Schulelternbeirat, der Verbandsgemeinde (VG) als Schulträger und der Polizei sei schon viel versucht worden, um der Situation Herr zu werden - bisher ohne Erfolg. Beim Kontrollieren der widerrechtlich parkenden Fahrzeuge seien Mitarbeiter des Ordnungsamts sogar beschimpft worden, heißt es im Konzer Rathaus.
Jetzt soll ein Piloprojekt helfen: 250 Meter von der Schule entfernt in der Schlesierstraße weisen zwei Schilder, die bisher noch mit Tüten abgedeckt sind, auf eine neue Hol- und Bringzone hin. Sie zeigen jeweils ein Schulkind und eine Prinzessin. Daneben steht: "Ab hier gehen wir zu Fuß, denn nur Prinzessinnen werden gefahren." Wirken die Schilder, könnte das Projekt zum Vorbild für alle Schulen der VG Konz werden. Es basiert auf einer vom ADAC beauftragten Studie der Uni Wuppertal, die Gefährdungssituationen vor Grundschulen aufzeigt und eine 250 Meter entfernte Abholzone empfiehlt. Das Fazit lautet: "Je weniger Elterntaxis vor Schulen haltmachen, desto weniger werden die Kinder gefährdet."
Relevant für viele Schulen


Diese These ist nicht nur für die VG Konz relevant. Das Phänomen Elterntaxi ist nicht neu und an zahlreichen, auch weiterführenden Schulen ein Thema - zum Beispiel an der Realschule plus und der Berufsbildenden Schule in Saarburg, aber auch am Gymnasium Hermeskeil. Dort gibt es nach Auskunft von Rektor Arno Ranft zwei Stellen, die Eltern ansteuern: die Borwiesenstraße direkt vor dem Haus und die neue Bushaltestelle mit Wendeplatz hinter der Schule. "In beiden Fällen entstehen manchmal zwar kleinere Staus", sagt Ranft. Aber der Verkehr komme nicht zum Erliegen. Er habe Verständnis dafür, dass Väter oder Mütter ihre Kinder zur Schule bringen. "Wir müssen der Tatsache Rechnung tragen, dass wir eine Landschule mit einem sehr großen Einzugsgebiet und sehr unterschiedlichen Busfahrplänen sind", betont Ranft. 700 von 840 Gymnasiasten kommen nicht direkt aus Hermeskeil.

Busfahrer beschimpft


In Schweich hingegen ist die Situation an der Grundschule Bodenländchen und der benachbarten Meulenwald-Förderschule besonders prekär - sie liegen mitten in einem eng bebauten Wohngebiet. Grundschul-Leiterin Christina Steinmetz hat im aktuellen Elternbrief auf die "chaotische Park- und Wegfahrsituation" im Bereich Schulparkplatz/Isseler Straße hingewiesen. Laut Steinmetz wurde eine Busfahrerin bereits von Eltern beschimpft, weil ihr Bus im Weg gestanden habe. Busfahrer sind eigentlich angewiesen, so zu parken, dass keine Autos mehr zum Schulparkplatz durchkommen. Dennoch beugen sich einige von ihnen dem Druck der Eltern und parken weiter entfernt. "Die Kinder haben dabei das Nachsehen", sagt Steinmetz. Sie appelliert an die Eltern, genau zu prüfen, ob ihr Kind mit dem Auto gefahren werden muss, und weist auf mögliche Fahrgemeinschaften und andere Abholtreffpunkte hin.
Obwohl das eigene Mobilitätsverhalten ein sensibles Thema ist, hält es Schulrätin Julia Koch (siehe Interview) für richtig, Eltern direkt anzusprechen. Koch hat selbst viele Jahre an Grundschulen unterrichtet und ist Mutter. Sie weiß, wie heikel es ist, wenn es um das Wohl der Kinder geht. Da sich mit der Zeit ohnehin ein gewisses Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und Lehrern bilde, sei ein offenes Gespräch in den allermeisten Fällen kein Problem, sagt sie. Doch sie rät dazu, auf den erhobenen Zeigefinger zu verzichten. Der ist auch nicht nötig, gibt es doch zahlreiche gute Gründe, das Kind allein auf den Weg zu schicken oder es zu Fuß zu begleiten. Einerseits tue den Kindern die Bewegung gut. Andererseits nütze es ihrer Entwicklung, wenn sie sich selbstständig im Straßenverkehr bewegten.

Liebe Leserinnen, liebe Leser: Sind Sie genervt von Elterntaxis? Oder haben Sie Verständnis dafür, wenn Kinder bis vor die Schule gefahren werden? Schreiben Sie uns Ihre Meinung per E-Mail an echo@volksfreund.de. Bitte Name und Anschrift nicht vergessen.

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