Obdachlose bei eisigen Temperaturen: Dach überm Kopf ist nicht alles

Trier · Selbst denen, die bei minus zwölf Grad draußen schlafen, kann Sozialarbeiterin Jennifer Lohrmann unter die Arme greifen. Doch wer ein warmes Bett in Trier will, bekommt das auch. Den Bürgern gibt Lohrmann einen Tipp, wie sie Obdachlosen helfen können.

Kälte könnte laut Medienberichten die Ursache für den Tod eines obdachlosen Mannes gewesen sein, der in der Nacht auf Dienstag in Luxemburg gestorben ist. Und eisige Temperaturen von bis zu minus zwölf Grad an diesem Wochenende machen auch denen Sorge, die in Trier alles daran setzen, dass hier so etwas keinem der rund 40 Obdachlosen widerfährt.
Ein warmes, trockenes Bett, Frühstück und Abendessen: So verlockend das klingt angesichts der frostigen Temperaturen - zehn bis 15 Männer entscheiden sich trotzdem jede Nacht aufs Neue, im Freien zu schlafen. "Auch wenn wir das natürlich respektieren, das ist besonders schwer auszuhalten", sagt Jennifer Lohrmann, die sich als Streetworkerin der Caritas um Obdachlose kümmert.

Manchen Menschen sei ein abgeschiedenes Leben ohne die Regeln eines Obdachlosenheims so wichtig, dass sie sich den extremen Wetterbedingungen aussetzten. Diese Leute bekommen von Lohrmann Schlafsäcke, warme Jacken und Informationen über Hilfsangebote. In den kommenden Wochen bekommt Lohrmann dabei Unterstützung von einem neuen Kollegen, der auf Raimund Ackermann folgen soll. Ackermann war bis Oktober als Obdachlosen-Streetworker für die Stadt tätig.

So kann jeder helfen
Doch wer ein warmes Bett und Essen will, bekommt das auch in Trier. Werner Schultze, Leiter des Benedikt-Labre-Hauses an der Luxemburger Straße, hat Notbetten auf die Flure seines Obdachlosenheims gestellt. Die 23 regulären Betten sind alle belegt - bis zu 28 Männer übernachten hier zurzeit.

"Auch wenn das Haus im Sommer manchmal voll belegt ist: So viel wie bei diesen Temperaturen ist hier nie los", sagt er. Wer hier übernachtet, bekommt die Möglichkeit zu duschen, ein Abendessen und ein Frühstück. Tagsüber kann sich hier jeder, der das Alkoholverbot beachtet, mit Tee und Kaffee aufwärmen, fernsehen und sich unterhalten.

Während sich das Übernachtungsangebot des Benedikt-Labre-Hauses nur an Männer richtet, betreibt der Sozialdienst katholischer Frauen mit dem Haltepunkt in der Krahnenstraße eine entsprechende Einrichtung für Frauen.
Auch im Mutterhaus, das wie das Brüderkrankenhaus mit seiner Sozialküche ein kostenloses Mittagessen für Bedürftige anbietet, spüren die Schwestern deutlich mehr Andrang, seit es so kalt ist.

Das Angebot der Einrichtungen richtet sich allerdings nicht nur an Obdachlose, sondern auch an andere arme Menschen. Auch wenn es an Übernachtungsmöglichkeiten für Obdachlose nicht fehlt in Trier: Walter Orth, Leiter der Caritas für den Bereich Wohnungslosenhilfe, sieht eine neue Herausforderung auf die sozialen Dienste zukommen: "In den vergangenen Jahren gab es immer mehr junge Obdachlose mit vielschichtigen Problemen", sagt er. Für diese Gruppe, die oft mit Drogensucht und familiären Problemen zu kämpfen habe, müsse man nun spezielle Angebote entwickeln.
Und die Bürger können auch etwas tun: "Wer bei den eisigen Temperaturen einen Obdachlosen an einer ungeschützten Stelle schlafen sieht, sollte die Polizei oder das Ordnungsamt informieren", sagt Sozialarbeiterin Jennifer Lohrmann. Zum Übernachten in einem Wohnheim könne man niemanden zwingen. "Aber die Kollegen können den Menschen zeigen, dass es das Angebot für sie gibt."

Extra: Todesfälle
In der Vergangenheit sind in Trier und Umgebung bereits wohnungslose Menschen erfroren, weil sie Hilfsangebote ausgeschlagen haben. So starb ein etwa 50-jähriger Mann Ende 2010 unter einer Laderampe in einem Hinterhof an der Trier-Süder Hawstraße.
Anfang 2009 erfror eine 58-jährige Obdachlose in Igel (Kreis Trier-Saarburg), als sie bei minus 16 Grad in einem kleinen Iglu-Zelt an der Mosel übernachtete. Besonders tragisch: Ein Igeler Hotelier hatte der Frau damals ein Gratis-Zimmer angeboten, um den kalten Winter zu überstehen

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