Offener Brief an den Trierer OB und den Kulturdezernenten

Mit großer Besorgnis lesen und hören wir aus verschiedensten Quellen die Nachrichten über die schwierige Finanzierung und den Fortbestand des Theaters Trier, dem wir als ehemalige Ensemblemitglieder, die von Trier aus an zahlreichen grossen Bühnen engagiert wurden, sehr verbunden fühlen.

Offener Brief an den Trierer OB und den Kulturdezernenten
Foto: Friedemann Vetter

OFFENER BRIEF

An
Herrn Oberbürgermeister Klaus Jensen,
Herrn Kulturdezernenten Thomas Egger,
Augustinerhof
Trier

mit grosser Besorgnis lesen und hören wir aus verschiedensten Quellen die Nachrichten über die schwierige Finanzierung und den Fortbestand des Theaters Trier, dem wir als ehemalige Ensemblemitglieder, die von Trier aus an zahlreichen grossen Bühnen engagiert wurden, sehr verbunden fühlen.

Zunächst möchten wir Ihnen, allen Mitarbeitern in Rathaus und vor allem dem Ensemble Ihres Theaters gratulieren, dass die bisherigen strengen Sparvorgaben und deren Umsetzung mit Kreativität und Engagement bislang nicht zu massgeblichen Einschränkungen des Theaters in seiner Funktion und Wirkung geführt haben. Gleichwohl wissen wir, das hier auch Belastungsgrenzen erreicht und überschritten wurden.

Bitte unterschätzen Sie in Ihren Überlegungen nicht, wie wichtig und prägend gerade die kleineren Häuser in der Theaterlandschaft Deutschlands sind und welchen Beitrag Sie mit Ihren Bemühungen zum Erhalt des gesamten eigenen Ensemble leisten können. Durch das Theater hat ganz Trier einen starken und emotionalen Botschafter, der den Namen Ihrer Stadt in weit grösseren Zusammenhängen positiv belegt, als Ihnen vielleicht derzeit in den grossen Sorgen und dessen Finanzierung bewusst ist.

Die Erfahrung zeigt, dass letztlich unwirtschaftliche Fusionen (z.B. Wuppertal mit Gelsenkirchen) auch an der mangelnden Identifikation der Bürger mit Ihrem "neuen" Fusionsensemble krankten. Solche Faktoren lassen sich nicht mit Hilfe externer Wirtschaftsgutachten einschätzen, vielmehr muss das Werteempfinden Ihrer Bürger leitend sein. Weiter wird auch im Rahmen ernstzunehmender wirtschaftlicher Berechnungen oft übersehen, dass sich Investitionen in Kulturinstitute unmittelbar und rechenbar als Standortfaktor refinanzieren.

Ein Theater zieht Künstler aller Sparten an und macht Ihre Stadt attraktiv und lebenswert für die verschiedensten Bevölkerungsgruppen. Das Spektrum reicht vom Studenten bis zu den Führungsetagen von Unternehmen, die in ihrem eigenen und im Interesse ihrer Mitarbeiter den Standortfaktor Kultur zur unabdingbaren Voraussetzung für eine Ansiedlung oder Fortführung eines Unternehmens machen.

Aber auch neben diesen rein finanziellen Faktoren sollte die Bindung von Schauspielern, Sängern, Instrumentalisten, Tänzern, Bühnen- und Kostümbildnern und Dramaturgen und anderer Mitarbeiter an Ihre Stadt Ansporn genug sein, dieses Reservoir auch im Hinblick auf die Ausbildung des Nachwuchses und schulischer Kulturförderung nicht aufs Spiel zu setzen.

Wir möchten Sie daher von ganzem Herzen bitten, weiter kreativ nach Lösungen zu suchen, das Trierer Theater und sein Ensemble professioneller Künstler in der bestehenden Stärke zu erhalten und zu beschäftigen. Trier würde mit dem Verlust seiner filigran ausbalancierten Kulturlandschaft auch an Bedeutung verlieren. Bitte bedenken Sie bei allem finanziellen und politischen Druck, dass kurzfristige Befreiungsschläge nicht abzuschätzende Folgen haben. Zerstörte Strukturen sind unwiederbringlich vernichtet. Entscheiden Sie sich für eine langfristig tragfähige Lösung im Sinne der Kultur und Lebenskultur in Ihrer Stadt.

Unser sehr individueller Blick zurück zeigt uns, wie wichtig, prägend und befruchtend die Geborgenheit in einem intakten, dreispartigen Ensemble war. Daher sind wir Ehemalige mit dem aktuellen Ensemble verbunden und gerne bereit, uns nach unseren Möglichkeiten künstlerisch einzusetzen um in gemeinsamen Aktionen das Theater Trier zu stärken. Als Erstunterzeichner möchten wir zeitnah einen Impuls geben und rechnen damit, Ihnen in den nächsten Wochen weitere Unterstützer unseres Anliegens nennen zu können.

Gerhard Siegel
Trier, Met New York, London, Augsburg, Paris, Berlin, Wien, Chicago, München, Salzburg, Tokio…
Jonas Kaufmann
Trier (als Gast), München, MET New York, Berlin, London, Wien, Paris, Stuttgart, Zürich, Salzburg, Chicago…
Florian Simson
Trier, Gelsenkirchen, München, Wuppertal, Düsseldorf
Franz Grundheber
Trier, Hamburg, Paris, London, New York, Wien, Athen, Barcelona, Madrid, Moskau Brüssel, Milano, Savonlinna, Amsterdam….
Barbara Dobrzanska
Trier, Dortmund, Karlsruhe,Stockholm, Budapest, Wien, Salzburg, Darmstadt, Kassel, Bonn
Daniela Ziegler
Trier, Hannover, Göttingen, Schauspielhaus Hamburg, Wien, Frankfurt am Main, Basel, Zürich, Berlin, Film, Funk, Fernsehen
Dirk Kaftan
Trier, Generalmusikdirektor Augsburg und Graz, gefragter Gastdirigent (z.b. Dresden, Grand Canaria Festival....uva.)
James Möllenhoff
Trier, Stockholm, Kopenhagen, London, Hannover, Frankfurt, Köln, Stuttgart, Berlin, Leipzig, Montreal uva.
Diane Pilcher
Trier, Berlin, Mannheim, Stuttgart, Frankfurt, Zürich, Brüssel, Oslo
Snezana Stamenkovic
Trier, Bern, Leipzig, leitende Professorin Musikhochschule Mannheim
Toni Nicolescu
Trier, Berlin, Essen, Darmstadt, Antwerpen, Paris, Bern, Hamburg, Hannover
Nico Wouterse
Trier, Warschau, Erfurt, Cottbus
Lewis Williams
Trier, Düsseldorf, Köln, Dresden, Hamburg, Hannover, München, Frankfurt, Rom, Spoleto, Palermo, Triest
Dirk Waanders
Trier, Mainz, Stuttgart, Düsseldorf, Berlin, Frankfurt, Dresden, Schauspieler, Regisseur
Kirstin Hasselmann
Trier, Krefeld, Wuppertal, Düsseldorf, Weimar, Berlin, jetzt Leitung der eigenen "Hauptstadt-Oper-Berlin"

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