Oh Schreck, die Piraten kommen

17 Erwachsene und sieben Kinder - das sind die Pfalzeler "Drei-Tage-Narren". Zum elften Mal präsentiert sich die fröhliche Truppe in edlem Kostüm und mit aufwendigem Wagen bei den Umzügen in Newel, Pfalzel, Trier und Biewer.

 Das Schiff erhält seine Auf- und Anbauten: Roland Heinen, Norbert Melchisedech und Norbert Heinen (von links) geben der „Santa Esmeralda“ den letzten Schliff. TV-Foto: Christine Cüppers

Das Schiff erhält seine Auf- und Anbauten: Roland Heinen, Norbert Melchisedech und Norbert Heinen (von links) geben der „Santa Esmeralda“ den letzten Schliff. TV-Foto: Christine Cüppers

Pfalzel. Wer in diesen Tagen noch gegen Abend die Autowerkstatt von Roland Heinen in Pfalzel betritt, wird von einzigartigem Flair empfangen: Fastnachtsmusik schallt aus dem Lautsprecher. In der Hallenmitte steht ein riesiges Schiff, dem Arbeiter mit Hammer, Schraubenzieher und Pinsel den letzten Schliff verpassen. "Wir sind erstaunlich gut in der Zeit", kommentiert Roland Heinen das Geschehen. Sein Gegenüber Norbert Melchisedech ergänzt: "Und das, obwohl uns bei den Vorbereitungen auf Karneval diesmal Weihnachten dazwischen gekommen ist!"Schallendes Gelächter aus der Runde - die Truppe ist in Bestform, genau so, wie es sich für die Pfalzeler "Drei-Tage-Narren" gehört. Dieser Zusammenschluss von 24 Frauen, Männern und Kindern gestaltet im elften Jahr seinen Umzugswagen. Ein Piratenschiff wird diesmal in die närrischen Gewässer geschickt. "So ein Schiff hatten wir schon länger auf der Wunschliste. Im Urlaub in Spanien haben wir dann im Sommer die ersten Überlegungen zur Ausführung entwickelt", erinnert sich Annemarie Heinen. Gatte Roland, zusammen mit seinem Bruder Norbert der Tüftler, Techniker und Konstrukteur der Truppe, entwarf und baute ein Modell. Seit dem ersten Adventwochenende wird an den Samstagen und jetzt auch in der Woche gesägt und geschraubt, genagelt und gepinselt, damit "Santa Esmeralda" pünktlich zum Nachtumzug in Newel vom Stapel laufen kann.Sieben Männer werkeln an dem aufwendigen und bis ins kleinste Detail durchdachten Wagen. So musste das Schiff teilbar gearbeitet werden, damit es überhaupt durch die Hallentore passt. Wie die Heinenbrüder das Problem lösten? "Na, wir haben Scharniere eingebaut, so dass sich die beiden Schiffsseiten ineinander verschieben lassen", beschreibt Roland. Damit unterwegs keiner der Piraten den Anschluss verliert, weil er gerade ein stilles Örtchen aufsuchen musste, beherbergt das Schiff im Rumpf zwei Toiletten, für Damen und Herren getrennt.Die Herren hämmern, die Damen nähen

Und während die männlichen Drei-Tage-Narren im Großen arbeiten, machen sich die Damen ans Nähen der Kostüme. Aus alten Kutschermänteln zaubern die talentierten Hände prächtige, reich verzierte Piratenbekleidungen."Diesmal ist das ja gar nicht so viel Arbeit", schränkt Jennet Seitz ein und erinnert ans vergangene Jahr. "Da herrschte in Trier Perlennotstand", ergänzt Annemarie Heinen und führt schnell eins der Indianerkostüme vor. Von Hand aus riesigen Kuhhäuten ausgeschnitten und vernäht, wurden diese Prachtstücke mit unzähligen Perlen bestickt und mit teils selbstgewebten Perlenbändern verziert.Aber auch die Aufmachung 2006 sei nicht zu vergessen, wirft Norbert Melchisedech in die Runde. Klar, damals kämpften die Narren als "handgearbeitete" Ritter auf einem riesigen Drachen. "Dazu hat Roland extra zwei Maschinen gebaut, mit denen wir die Bleche für die Rüstungen bearbeiten konnten", schildert Norbert Heinen und hebt das große Engagement aller Beteiligten hervor: "Jeder bringt sich mit dem ein, was er am besten kann."So ist es auch kein Wunder, dass die Pfalzeler "Drei-Tage-Narren" inzwischen sechs Pokale für den ersten, einen zweiten und einen dritten Platz bei der Prämierung der schönsten Kostüme und Wagen erhalten haben. "An der Stelle muss man mal sagen, dass sich immer weniger Menschen beteiligen, immer weniger Wagen gebaut werden", bedauert Annemarie Heinen.Umso anspruchsvoller sind die Pfalzeler Narren bei ihrer Tätigkeit. "Wir sind alle Handwerker", sagt der passionierte Chauffeur der Mannschaft Melchisedech und fügt lachend hinzu: "Und was würden wir im Winter draußen machen? Also bauen wir lieber zusammen drinnen unsere Wagen. Damit sich die Arbeit dann auch gelohnt hat, beteiligt sich die Gruppe gleich an vier Zügen. "Nachts in Newel ist gewissermaßen unsere Probefahrt", erklärt Roland Heinen, der sich an keine Premierenpanne erinnern kann. Bei Licht sind sie zu besichtigen am Sonntag in Pfalzel, beim Trierer Rosenmontagszug (den der Trierische Volksfreund präsentiert) und zum Finale beim Biewerer Schärensprung. Am Aschermittwoch ist bekanntlich alles vorbei. "Hoffentlich finden wir wie in den vergangenen Jahren jemanden, der uns das Schiff abkauft", blickt Annemarie Heinen voraus. Ansonsten - und da schauen alle ganz betroffen drein - muss alles kaputt gehauen und entsorgt werden.Doch bis dahin werden die Piraten 180 Kilo Süßigkeiten unter "die Leut" bringen, für Stimmung sorgen und selber jede Menge Spaß haben.

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