Ohne pädagogische Gründe

In der Tat: Die Einrichtung eines Ganztagsangebots an einer Schule ist eine Maßnahme, die man unter ganz unterschiedlichen Aspekten betrachten und beurteilen kann. Genau das bestätigt auch Ihr Artikel, der leider mit seiner Überschrift vor allem aber die mehrheitlich ablehnende Haltung des Kollegiums des Max-Planck-Gymnasiums betont.

Letztlich aber führt der Artikel echte pädagogische Gründe nicht ins Feld: Die so genannten Argumente reichen von "70 Eltern haben zugesagt”, "in der ersten Liga mitspielen wollen”, über "neue Jobs” (??) zum Mittagessen, um schließlich im gewandelten Lehrerbild zu gipfeln, in dem Lehrer nun endlich auch erzieherisch tätig werden müssten. Vollends daneben geht konsequenterweise dann auch der Kommentar. Ein Lippenbekenntnis bleibt die Abkehr von den allseits immer wieder gern gehörten Stammtisch-Parolen über Lehrer: Es ist für einen Journalisten mehr als oberflächlich zu behaupten, Lehrer wollten an dem "alten Besitzstand” des freien Nachmittags festhalten und hätten auch noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen, mit ihrem Verhalten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu behindern. Und völlig im Gegensatz zur Phrase, die Lehrer machten "einen Knochenjob, den viele Kritiker nicht geschenkt haben wollten", steht überdies die dümmliche Rede vom Privileg, dass Lehrer zwei Arbeitsplätze haben: einen, an dem man mit den Schülern arbeitet - die Schule - , und einen, an dem man für die Schüler arbeitet - zu Hause. Was, bitteschön, ist daran irrational und "unhaltbar"? Schade, erneut eine vertane Chance einer qualifizierten und fairen Berichterstattung und Kommentierung, die allen Beteiligten gut täte. Raymond Schirra, Konz

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