Ohne Schutz am Abgrund entlang

Newel/Kordel · Mit dem Wagen von der Straße und dann fast senkrecht zwölf Meter in die Tiefe: Auf der K 22 zwischen Newel und Kordel (Kreis Trier-Saarburg) kann Autofahrers Alptraum Wirklichkeit werden, weil an der entscheidenden Stelle die Leitplanke fehlt.

 Am Abgrund: Fast unmittelbar neben dem Fahrbahnrand geht es über zehn Meter steil hinab zum Kimmlinger Bach. Das eindimensionale Foto vermittelt leider nicht die tatsächliche Tiefe. TV-Foto: Friedhelm Knopp

Am Abgrund: Fast unmittelbar neben dem Fahrbahnrand geht es über zehn Meter steil hinab zum Kimmlinger Bach. Das eindimensionale Foto vermittelt leider nicht die tatsächliche Tiefe. TV-Foto: Friedhelm Knopp

Newel/Kordel. Die K 22 von Newel ist frisch saniert, die Fahrbahn ist eben und wirkt neu - doch kurz vor der kleinen Ansiedlung Kimmlingen wird es auf rund 250 Metern Länge brenzlig für die Benutzer. Auf diesem Abschnitt verläuft die K 22 parallel zu einer bis zu zwölf Meter tiefen Böschung. Dieser Hang fällt steil ab hinunter zum Kimmlinger Bach - teilweise geht es fast senkrecht in die Tiefe. Eine Leitplanke gibt es dort nicht, und der mit einer weißen Linie markierte Rand der nur 4,50 Meter Breiten Fahrbahn verläuft knapp einen Meter am Abgrund entlang. Allerdings wachsen in Abständen dort auch Bäume im Hang. Dies vermittelt von oben gesehen eine trügerische Sicherheit, denn das Geäst wirkt wie eine natürliche Schutzwand. Allerdings ist der Abstand zwischen den Bäumen groß genug, um einen PKW hindurchzulassen. Außerdem: Sollte sich ein Auto in der Böschung überschlagen und mit dem Dach gegen einen Baumstamm prallen, könnte der sich als tödliche Zwangsbremse erweisen. Zudem sorgt der dichte Baumbestand ringsum derzeit für eine gefährliche Laubglätte auf der kurvenreichen Fahrbahn.Klagen über Gefahrenstelle



Der Neweler Ortsvorsteher Hans Scheuern im Gespräch mit dem TV: "Wenn da einer herunterfällt - und irgendwann passiert das - dann wird das nicht einmal bemerkt. Schon gar nicht in der Nacht." Schon im Herbst 2012, kurz nach Abschluss der K-22-Sanierung, erreichten den Kordeler Ortsbürgermeister Medard Roth und den Neweler Ortsvorsteher Scheuern erste Klagen über die Gefahrenstelle.
Im November 2012 hatte die Gemeinde Newel daher beim Landesbetrieb Mobilität (LBM) Trier beantragt, an dem Streckenabschnitt eine Leitplanke zu installieren.
Der Antrag wurde abgelehnt. Eine Überprüfung des entsprechenden Streckenabschnitts habe ergeben, so der LBM damals, dass dort keine Leitplanken erforderlich seien. Nach der entsprechenden Richtlinie (siehe Extra) seien verschiedene Faktoren wie etwa die Verkehrsdichte, die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit berücksichtigt worden.
Fazit des LBM vom November 2012: Die K 22 weist eine Verkehrsdichte von 645 Fahrzeugen am Tag auf, die Unfallsituation ist unauffällig und die Höchstgeschwindigkeit bleibt auf der gesamten Strecke auf 50 Kilometer pro Stunde beschränkt. Als Gefahrenmomente entlang der K 22 nennt der LBM "eine steil abfallende Böschung und nicht verformbare punktuelle Einzelhindernisse (damit sind die Bäume gemeint).
Der LBM 2012: "Berücksichtigt man diese Faktoren, sind nach den Richtlinien keine Schutzplanken (Leitplanken) notwendig. Diese gilt auch noch ein Jahr später. Dazu Klaus Wagner vom LBM Trier auf Anfrage: "Im Fall der K 22 hat eine fehlerfreie Abwägung ergeben, dass Leitplanken nicht erforderlich sind." Bekannt sei auch, dass die Meinung der Verkehrsteilnehmer über die Leitplanken je nach Fahrzeugart variiere. PKW-Fahrer wollten in der Regel einen hohen Schutz gegen das Abkommen von der Fahrbahn - Motorradfahrer sähen in den Leitplanken eher ein lebensgefährliches Hindernis.

Meinung

Von Friedhelm KnoppWarten auf den großen Knall
Wer mit seinem Auto auf der L 22 zwischen Kordel und Newel von der Fahrbahn rutscht, im freien Fall die Böschung hinunterfliegt und unterwegs gegen ein nicht verformbares, punktuelles Hindernis (im Volksmund "Baum" genannt) kracht, der fällt nicht nur den Hang runter, sondern auch aus der Unfallstatistik. Denn die ist für die K 22 blütenweiß und "unauffällig". Ergebnis: Leitplanken sind dort entbehrlich. Wer dennoch herunterfällt, war einfach zu schnell unterwegs (siehe 50-kmh-Limit). So weit die offizielle Meinung. Die gilt erfahrungsgemäß so lange, bis es gekracht hat mit Schwerverletzten oder gar Toten. Danach dürften an der K 22 innerhalb einer Woche Leitplanken die Straße säumen. Wetten dass? trier@volksfreund.deExtra

Für die Installation von Leitplanken gilt die "Richtlinie für passiven Schutz durch Rückhaltesysteme (RPS 2009)". Die Regel ist eher schwammig und lässt der Straßenverwaltung viel Ermessensspielraum. Der betreffende Abschnitt der K 22 fällt laut RPS 2009 in die geringste Gefährdungsstufe 4, da dort keine Bäume unmittelbar am Fahrbahnrand stehen (nur in der Böschung), die Fahrzeugdichte unter 3000 Durchfahrten pro Tag liegt und das Tempo auf 50 Kilometer pro Stunde begrenzt ist. Die bis zwölf Meter tiefe und steile Böschung ist dort die einzig "anerkannte" Gefahrenquelle, aber kein entscheidender Faktor. f.k.

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