Palaver in Pfalzel

TRIER-PFALZEL. Laute, frustrierte und randalierende Jugendliche – empörte, verängstigte und ratlose Anwohner: Nicht nur in anderen Stadtteilen, auch im vergleichsweise beschaulichen Pfalzel rumort es.

Pfalzel, 14 Uhr. Zwei Jugendliche, ein Junge und ein Mädchen, sitzen rauchend in der Bushaltestelle am alten Friedhof. Vor ihnen auf dem Bürgersteig liegt umgekippt ein kaputter Holzstuhl. Rings um die Haltestelle sind Kartonfetzen, Müll und Holzsplitter verteilt, die einst Teil seiner Sitzfläche waren. Dem Haltehäuschen geht es auch nicht viel besser als dem Stuhl: eine der Glasscheiben seiner Rückwand fehlt, die Fahrplanhülle ist angekokelt. Mopeds, Alkohol und Müll im Vorgarten

Kurz vor 17 Uhr, am "Pfalzeler Stern". Auf einer Bank sitzen kichernd mehrere Mädchen. Gleich neben ihrer Bank steht eine Telefonzelle. Stehen scheint aber auch schon so ziemlich alles zu sein, was sie noch tut. Ihre Tür wurde gewaltsam in zwei Teile zerrissen, von sechs Glasscheiben ist nur noch eine übrig. Andere Jugendliche kommen und gehen, zu Fuß oder mit ihrem Moped, kaufen sich gegenüber einen Döner oder eine Cola und machen bei den Mädels Halt. Ein etwa 15-Jähriger zieht eine Stubbikiste voller Gläser hinter einem Busch hervor. Er hatte sie dort vergessen. Die Mädchen kichern erneut. Vor nicht allzu langer Zeit war der Pfalzeler Stern ein Vorzeigepunkt des Stadtteils: Schön gepflastert, mit zwei modernen Sitzbänken, Bäumchen und einer Telefonzelle lädt der kleine Platz zum Verweilen ein. Diese Einladung wird vor allem von Jugendlichen angenommen, die nach Aussage der Anwohner dort bis spät in die Nacht mit frisierten Mopeds vorfahren, sich lautstark unterhalten, Alkohol trinken, Steine auf Verkehrsschilder werfen, ihren Müll in den Vorgärten entsorgen, gegen Hauswände pinkeln - und die Telefonzelle zerstören. Es gehe schon mal was kaputt, sagt ein vielleicht 14-jähriges Mädchen, das mit den Beinen baumelnd auf dem Schoß einer Freundin sitzt. "Aber nicht so", betont sie mit Blick in Richtung Telefonzelle. "Das ist doch Scheiße!", sagt ein Junge. "Die Leute verallgemeinern das dann und denken, wir alle würden so etwas machen." Die Jugendlichen haben keine Probleme damit, offen zu sagen, wer für den Vandalismus verantwortlich sei. Darüber, dass derjenige nun mit einer Anzeige rechnen muss, freuen sie sich. Denn auch sie fühlen sich an ihrem "Dorftreffpunkt" nicht mehr recht wohl. Die 13-jährige Lissy bringt es auf den Punkt: "Klar wird's hier laut. Und wenn wir heimgehen, kommen die Älteren. Aber wo sollen wir denn hingehen?" "Wir können nur zum Stern oder auf den Sportplatz - aber dort kann man nicht einmal sitzen", sagt Christina. Ein Jugendraum müsse her. Aber der, glaubt der 17-jährige Marko, sei kaum in Sicht. Dies bestätigt Stadtratsmitglied Margret Pfeiffer-Erdel: Ein Jugendraum sei nicht geplant. "Der wäre auch sofort zerstört", sagt sie. Und ein beaufsichtigter Raum, in dem Alkoholkonsum verboten ist, sei sicher nicht das, was die Jugendlichen sich wünschen. Während immer mehr der betroffenen Anwohner am Pfalzeler Stern eintrudeln, um über ihre Erfahrungen zu berichten, lichten sich die Reihen der Mädchen zunehmend. Telefonzelle und Bushaltestelle, das sei längst nicht alles, was in Pfalzel zerstört werde, sagt Pfeiffer-Erdel. Die Wallmauer habe man mittlerweile wegen Vandalismus sperren müssen: Nicht nur, dass Steine aus den Mauern gerissen und auf die Grabsteine des benachbarten Friedhofs geworfen würden. Auch einen Stromkasten habe man dort beschädigt. "Das war lebensgefährlich", sagt Pfeiffer-Erdel. Innerhalb kürzester Zeit reden rund zehn Leute durcheinander. "Ich hab' den Krach morgens, nachmittags und nachts - manchmal bis vier Uhr. Schlafen kann ich nur noch mit Oropax", sagt eine Frau. Mit den Jugendlichen vernünftig zu reden helfe nicht. Ob das die Russen seien, fragt jemand. "Russen?", lautet die verwirrte Antwort, "nee, das sind unsere Ur-Pfalzeler-Jugendlichen und noch ein paar aus Ehrang und Biewer."Erste Gespräche mit der Stadtjugendpflegerin

Die meisten der Anwesenden möchten anonym bleiben. "Wenn man sich beschwert, drohen die einem Prügel und Steinewerfen an", sagt ein Anwohner. Am schlimmsten für ihn: Zwei seiner Mieter haben nun angekündigt, dass sie wohl ausziehen müssten, da sie als Berufstätige auf ihren Nachtschlaf nicht länger verzichten könnten. Schon mehrmals hätten sie die Polizei gerufen, sagt der Vermieter. "Aber die sagen nur, dass ihr Einzugsgebiet viel zu groß sei. Und wenn die 40 Minuten nach einem Anruf kommen, sind die Ruhestörer schon wieder weg." "Die Kollegen sind bemüht, so schnell wie möglich hinzufahren", sagt Bernd Marmann von der Schweicher Polizei. Wenn allerdings ein Unfall dazwischenkomme, sei die Polizei personell oft nicht in der Lage, sofort zu erscheinen. Pfalzel, 21.30 Uhr: statt am Pfalzeler Stern geht es an der von der Gruppe "Pfalzeler Viez" aufgestellten Sitzgruppe am Moselufer laut her. Nach Aussage des Ortsvorstehers Werner Pfeiffer sind am nächsten Morgen die Abfallkörbe samt ihrer Halterung aus dem Boden gerissen, in "tausend Stücke geschlagen" und die Rückenlehne einer Bank mit einer Motorsäge durchtrennt. Und nun? Es wird eine weitere Anzeige gegen Unbekannt geben. Zudem wurden erste Gespräche mit der Trierer Stadtjugendpflegerin geführt.

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