Parkkontrollen in Trier: Ein Ex-Profi packt aus

Trier · Die Stadt Trier soll verkehrsbehindernde Falschparker konsequenter abschleppen. Das fordern zurzeit sowohl die Stadtratsmehrheit als auch viele Anwohner. Doch das ist nicht so einfach - so sieht ein ehemaliger Profi die Lage. Walter Theis war 25 Jahre lang Einsatzleiter beim Verkehrsüberwachungsdienst der Stadt Trier.

Trier. Eine Stadt ruft nach dem Abschlepper - das ist ein seltenes Szenario. Normalerweise schimpft und zetert die Gemeinschaft der Autofahrer über die städtischen Kontrolleure. Doch das falsche und wilde Parken in Trier ist derart akut geworden, dass Bürger und Politiker ein härteres Vorgehen gegen Fahrer fordern, die ihre Vehikel nach Belieben im Stadtbild verteilen.Schulung der Kontrolleure


Der Stadtrat beschloss vergangene Woche auf Antrag der CDU und der Grünen eine Schulung der Mitarbeiter des Verkehrsüberwachungsdienstes. Sie sollen ihr härtestes Mittel, den Ruf nach dem Abschleppdienst, mehr nutzen (der TV berichtete). "Ich kann diese Forderung sehr gut nachvollziehen", sagt Walter Theis. "Aber das ist nicht so einfach." Der 64 Jahre alte Pensionär war vom April 1988 bis Ende März 2013 Einsatzleiter bei der "Überwachung ruhender Verkehr" in der Stadtverwaltung.

Das sagt der Experte: "Früher wurde in der Tat härter durchgegriffen", schildert Theis. Als die Stadt die Kontrolle der Parkräume in den 80ern von der Polizei übernahm, habe sie Schwerpunkte gesetzt. "Beispiele sind Falschparker im Halteverbot, an Fußgängerüberwegen oder auf Gehwegen", sagt der frühere Einsatzleiter. "Dort wurde dann auch verstärkt kontrolliert und auch abgeschleppt." Die damalige Fallzahl habe die heutige um 200 Prozent übertroffen, schätzt der Fachmann.
Doch Abschleppen sei eine zeitaufwendige Geschichte. Walter Theis schildert die Situation: "Das Problem besteht darin, dass die Streife vor dem Abschleppen des Fahrzeugs eine Halterermittlung durchführen muss." Erst wenn alle Möglichkeiten gescheitert sind, den Halter zu informieren, werde das Abschleppen angeordnet. "Alles in allem kann ein solcher Vorgang eine Stunde betragen."
Während dieser Zeit seien die Kontrolleure durch diesen Vorgang blockiert. Das führt nach den Worten von Walter Theis zu irreführenden Eindrücken in der Bevölkerung: "Bei Großveranstaltungen wie dem Altstadtfest, dem Moselfest Zurlauben oder anderen sind die Streifen in den Abendstunden fast nur mit Abschleppen beschäftigt." Eine Überwachung von Gehwegen, Engstellen und Grundstückseinfahrten finde deshalb in dieser Zeit nicht statt. "Das sieht dann natürlich so aus, als würde dort niemand kontrollieren."
Das Fazit des Experten: "Um der Forderung nach häufigerem Abschleppen nachzukommen, muss in der Tat mehr Personal eingestellt und geschult werden." Dennoch sollte sich die Stadt "vor allem über das Abschleppen in der Fußgängerzone Gedanken machen". Was sich dort zurzeit abspiele, könne man nicht beschreiben. "Aber hier wird wohl auch der Innenstadthandel mitreden wollen, da ja die Kunden hiervon betroffen wären. Wie man es auch dreht und wendet: Die Hilfspolizeibeamten haben immer Schuld und müssen vor Ort den Kopf hinhalten."

Das sagt die Stadt: Dieter Jacobs vom Trierer Presseamt bestätigt auf TV-Anfrage die Darstellung von Walter Theis. Die Kontrolleure versuchen, den Halter zu ermitteln, bevor sie den Abschleppwagen rufen. "Es wird eine Halteranfrage über das Kennzeichen durchgeführt und anschließend geprüft, ob im Telefonbuch eine Nummer gefunden werden kann", schildert Jacobs. Falls die Kontrolleure den Halter erreichen, "verhindert das in der Regel das Abschleppen".
In Trier gehen die Kontrolleure sogar noch einen Schritt weiter, um dem Falschparker den Abschlepper zu ersparen. Wenn beispielsweise der Wochenmarkt auf den Augustinerhof verlegt wird und dort deshalb ein zeitlich begrenztes Halteverbot in Kraft tritt, prüft am Abend vorher eine Streife den Bereich und informiert per Telefon, falls die Nummer ermittelbar ist und ein Bewohnerparkausweis im Auto liegt: "Bitte fahren Sie bis morgen früh Ihr Auto weg, sonst steht es im Halteverbot und wird abgeschleppt."Extra

Die Verpflichtung zur Halterermittlung ist nirgendwo ausdrücklich niedergeschrieben, sagt Dieter Jacobs vom Presseamt Trier. Aber: Alle polizeirechtlichen Maßnahmen, demnach auch das Abschleppen, müssen sich am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientieren, der auch im Grundgesetz verankert ist. Dieser Grundsatz wird im Paragrafen zwei des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes zitiert: "Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen haben die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei diejenige zu treffen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt." Das Verwaltungsgericht Trier legt laut Jacobs besonderen Wert auf die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. "Als Beispiel können wir einen Vergleich zum Oberverwaltungsgericht Köln ziehen", sagt der Pressesprecher. "Dieses hat es als zulässig angesehen, einen Bewohner aus einer Bewohnerparkzone abzuschleppen zu lassen, nur weil sein Ausweis nicht auslag." Das VG Trier habe in einem ähnlichen Fall genau gegenteilig entschieden, wonach dieser rein formale Verstoß ein Abschleppen nicht rechtfertigt. "Es ist also immer das mildeste Mittel anzuwenden, das zur Beseitigung einer Störung notwendig ist." jp

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