Party für den Kronprinzen

TRIER. Eine offizielle Einladung gab es nicht, nur eine knappe Mitteilung des städtischen Presseamtes. Und trotzdem fanden sich den ganzen Tag lang Gratulanten für Bürgermeister Georg Bernarding im legeren Ambiente der Europäischen Sportakademie neben der Arena ein.

 Ein Stadtpatron fürs Büro: Die Repräsentanten der Sportverbände überreichen dem Trierer Sozial-, Sport und Feuerwehrdezernenten Georg Bernarding eine Petrus-Statue zum runden Geburtstag.Foto: Josef Tietzen

Ein Stadtpatron fürs Büro: Die Repräsentanten der Sportverbände überreichen dem Trierer Sozial-, Sport und Feuerwehrdezernenten Georg Bernarding eine Petrus-Statue zum runden Geburtstag.Foto: Josef Tietzen

Das Geburtstagskind hält im kurzärmeligen Sporthemd Hof, und auch sonst fühlt sich kaum jemand an einen Krawattenzwang gebunden. Es geht locker zu, ganz im Sinne des Jubilars, der "eigentlich gar keine richtige Feier wollte". Die Schüler der Sport-Akademie wieseln in Trainingskleidung über die Flure, das Büffet ist rustikal, die Geschenke bodenständig. Das Publikum ist dankbar für den Verzicht auf alle Förmlichkeiten. Die Trierer Sportszene läuft geschlossen auf, die Feuerwehr feiert ihren Dezernenten, die Kindertagesstätten schicken Abordnungen singender Fünfjähriger. Fast rechnet man damit, dass sie ihr Ständchen "Zum Geburtstag viel Glück" an den "lieben Georg" adressieren, denn irgendwie ist hier jeder mit dem Bürgermeister "per Schorsch". Aber dann singen sie doch "Herr Bernarding".Verzicht aufs große Defilee

Die bei öffentlichen Veranstaltungen in Trier übliche Nomenklatura fehlt, zumindest in den ersten Stunden. Großkopferte und Gastronomen, Kaufleute und Kammerpräsidenten, Bauherren und Brauereidirektoren - alles Mangelware. Als Oberbürgermeister Helmut Schröer einst seinen Fünfzigsten zelebrierte, reichte das feierliche Defilee 50 Meter weit durchs Foyer der Europahalle. "Ich bin ja auch nicht OB", kommentiert Bernarding amüsiert den Vergleich. Man ist geneigt, ein "noch" hinzuzuhören - aber die Nummer Zwei der Stadt meidet sorgfältig jeglichen Anflug von Begehrlichkeit in der Stimme. Niemand hat den gebürtigen Saarländer je öffentlich über das höchste Trierer Amt räsonnieren hören. Und doch wird er seit Jahren als Kronprinz gehandelt. Kein Wunder: Es wäre die logische Weiterentwicklung der Karriere bei einem, der mit 35 Jahren Dezernent und mit 47 Bürgermeister war. Fast unauffällig hat der dreifache Familienvater Pluspunkte an der Parteibasis und beim "Volk" gesammelt. "Der ist einfach immer da, selbst bei kleinsten Anlässen", sagt der Sportkreis-Vorsitzende Alfons Steinbach, der als Geschenk eine Petrus-Statue überreicht. Feuerwehrleute, Jugendeinrichtungen, Kindergärten: Sie haben offenkundig das Gefühl, dass "ihr" Dezernent auf ihrer Seite steht. Das geht den Stadtratsmitgliedern manchmal anders. Des öfteren hat Bernarding sie in den letzten Jahren mit einer explosiven Mischung aus Sturheit und Selbstbewusstsein geärgert: Bei Moselstadion und Arena startete er Alleingänge, in Sachen Ehrenamts-Agentur zwiebelte er seine Stadtvorstands-Kollegen, und beim Sozialhaushalt ließ er gar Sympathie für städtische Einrichtungen erkennen, die vor dem Rathaus demonstrierten. Das hat seinen Beliebtheitsgrad bei Ex-CDU-Chef Böhr und Oberbürgermeister Schröer nicht gerade erhöht. Aber deren Einfluss bei der neuen Mannschaft am CDU-Deck schwindet, und die "kleinen Leute" in der Partei schätzen den meist lockeren und umgänglichen Sozialpolitiker - wie schon ihre zahlreiche Anwesenheit beim Geburtstagsempfang demonstriert. Dass Georg Bernarding 50 wird, ahnt nur, wer die Zahlen auf den Geschenkverpackungen liest. Irgendwie hat der Fahrrad-Freak immer noch was von einem großen Jungen. Vielleicht fällt es deshalb manchem so schwer, ihn sich mit Amtskette vorzustellen. Der Betroffene selbst sieht das gelassen. Auf die Frage, in welcher Funktion er seinen sechzigsten Geburtstag zu feiern gedenke, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen: "In meiner Funktion als Georg Bernarding."

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