Konzert : Orlando di Lassos „Vide homo“ erklingt beim Passionskonzert in der Trierer Liebfrauenkirche
Trier Die barocke A-capella-Musik des Chors Ensemble Vocale aus Mainz beeindruckte rund 60 Zuhörer in der Trierer Liebfrauenkirche.
Es muss nicht immer Bach sein. Wer an Passionsmusik denkt, hat oft bekannte Stücke wie „Ruhet wohl, ihr heiligen Gebeine“ oder „Liebste Hand, ich küsse Dich“ von Carl Phillip Emanuel Bach im Sinn. Das es auch anders geht, bewies am Samstagabend Johannes Herres mit seinem Kammerchor aus Mainz in der Trierer Liebfrauenkirche. Bei der Auswahl der zu Gehör gebrachten Werke war es für das Ensemble Vocale wichtig, nicht nur bekannte Chor-Kompositionen zu singen, sondern auch abseits bekannter Pfade Neues zu entdecken, Vergessenes wiederzubeleben und für das Publikum ins Repertoire aufzunehmen.
Das Ensemble Vocale Mainz stellte in seinem Programm „Vide homo“ A-cappella-Kompositionen des 16., 17. und frühen 18. Jahrhunderts vor. Diese Kompositionen waren in drei Phasen gegliedert, die den Sterbeprozess und den Umgang mit dem Tod abbilden sollten. Der Tod Jesu selbst, die Trauer und Verzweiflung und als dritter Teil die Hoffnung, die hinter der Auferstehung als ein tröstlicher Gedanke steht.
Warum Werke von Antonio Lotti, Jacobus Gallus, Orlando di Lasso, Carlo Gesualdo da Venosa und Claudio Monteverdi zu hören waren, erklärt Chorleiter Johannes Herres so: „Ausschlaggebend waren die ‚Bußtränen des heiligen Petrus‘ von Orlando di Lasso, der diesen Zyklus von 21 Motetten am Ende seines Lebens komponiert hatte. Als angesehener Komponist hatte er darin kurz vor seinem Tod nochmal alles an Wissen vereint“.
Daraus präsentierte das Mainzer Ensemble zwei Motetten. Zu Beginn „Il magnanimo Pietro“, in dem es um die Untreue des Petrus ging. Im letzten Stück „Vide homo“ wird der Blick umgedreht, und Jesus spricht vom Kreuz herab. „Siehe, oh Mensch, was ich für Dich leide. Zu Dir rufe ich, der ich für Dich sterbe“, lauten die ersten beiden Verse dieses Werks, das im Hinblick auf die textliche Grundlage von einer enormen Ruhe und Größe gekennzeichnet ist. „Diese beiden Stücke haben wir bei unserer heutigen Aufführung als Kern genommen und davon ausgehend die anderen Motetten angelegt. Ergänzend kommen noch zeitgenössische Werke von Kaminski oder Schröder hinzu“, erläutert Herres, der die Leitung des Ensemble Vocale Mainz 2019 übernommen hat.
Passionsmusik ist ein vielfältiges Thema. Seit es Kirche gibt, beschäftigen sich Komponisten aus jeder Epoche damit. Dabei hat es das Zeitalter des musikalischen Barocks Herres besonders angetan. „Ich denke, das die Motetten, die wir heute Abend darbieten, sehr ausdrucksstark sind und ihre eigene Welt in dieser frühbarocken Tradition entfalten. Diese frühbarocke Renaissancemusik ist meine musikalische Heimat. Daher lasse ich diese Musik dann auch gerne in die Chorarbeit einfließen“. Seinen musikalischen Fingerabdruck hinterließ er bei der Interpretation der Ostergeschichte jedenfalls auf beeindruckende Weise. Sie wird den rund 60 Zuhörern in der Trierer Liebfrauenkirche noch lange im Gedächtnis bleiben.
Das nächste musikalische Ereignis unter Leitung von Johannes Herres steht schon fest. Am 25. Juni gibt es im Innenhof der Burg Landshut in Bernkastel-Kues mit „Shakespeare in music“ ein Open-Air-Konzert. Präsentiert wird zeitgenössische Chorliteratur der Komponisten Mäntyjärvi, Harris, Lindberg und Williams.